(*1965)

Stephan Pörtner wurde als Sohn einer Schweizer Psychologin und eines deutschen Schriftstellers in Zürich geboren. Er ist der drei Jahre jüngere Bruder der Erfolgsautorin Milena Moser. Mit fünfzehn verliess er die Schule zugunsten der Zürcher Jugendbewegung. In den 80er-Jahren dilettierte er als Schlagzeuger einer Punkband, später betätigte er sich als Lebensmittelhändler und baute den selbstverwalteten Getränkehandel Intercomestibles auf, den er 1996 verkaufte. Anschliessend absolvierte er die Dolmetscherschule. 1998 debütierte er als Krimiautor. Pörtner, verheiratet, eine Tochter, lebt als freier Autor und Journalist und als Übersetzer aus dem Spanischen, Französischen und Englischen in seiner Geburtsstadt.

In Pörtners drei ersten Romanen – reizvolle Mischungen aus Krimi und Milieustudie – schlittert der sympathische, etwas verträumte, jedoch scharfsinnige Hobby-Ermittler Jakob “Köbi” Robert, ein ehemaliger Linksaktivist, im Biotop des damals berüchtigten Langstrassenquartiers, Zürichs von Nutten, Zuhältern und Süchtigen bevölkerten Kreis 4 („Kreis Cheib“), bei seinen Nachforschungen immer wieder in gefährliche Situationen.

Im Jahr 2007, in ’Köbi Santiago’, erlebt der nunmehr im spanischen Santiago de Compostela ansässige Köbi ein Comeback als Detektiv, als ein alter, tot geglaubter Kumpan, der Hanfkönig Mark Haussmann, bei ihm auftaucht – und kurz danach ums Leben kommt. Der Fall führt ihn in die eigene – bewegte – Vergangenheit: in die wilden 80er-Jahre, als Zürich „brannte“.

‘Stirb, schöner Engel’, auf drei Zeitebenen angesiedelt, bildet den Höhepunkt der kleinen Serie. Der erste Teil gehört dem jungen Churer Polizisten Gion Kundert. In einem unbenannten Bündner Nobelkurort wird im Dezember 1973 eine lebensfrohe Skilehrerin ermordet. Kundert, der hier aufgewachsen ist und das Opfer gekannt hat, wird von der lokalen Polizei als Ermittler beigezogen, muss dann jedoch zähneknirschend zusehen, wie der mutmassliche Mörder Roger Gerber, Sohn eines mächtigen Zürcher Anwalts und mehrjähriger Feriengast im Ort, ungeschoren davonkommt und später wie sein Vater eine erfolgreiche Karriere als Jurist in Zürich beginnt. Im Februar 1990 – Kundert arbeitet mittlerweile bei der Zürcher Kriminalpolizei – kommt hier eine junge Frau nach dem gleichen Muster ums Leben, und auch diesmal wird der wahre Täter nicht überführt. Der dritte Mord geschieht im Frühjahr 2009 – und jetzt tritt Köbi Robert auf den Plan: Köbi, der nach einer schlimmen Lebenskrise den Detektivjob eigentlich aufgegeben hat, als Teilzeit-Sachbearbeiter in einer kleinen Computerbude arbeitet und seit kurzem glücklich mit Lia liiert ist, die er von seinen wilden Zeiten her kennt – und die 1990 mit einem angesehen Anwalt namens Roger Gerber befreundet war. Gerber vertrat damals das Mordopfer, das wenige Stunden vor dem Tod einen Termin in seiner Kanzlei hatte. Mia traute daraufhin Gerber nicht mehr über den Weg, und die Beziehung endete auf üble Weise. Auf ihren inständigen Wunsch hin nimmt Köbi sich des Falles an, und auch Gion Kundert, kurz vor der Pensionierung stehend, ist noch einmal mit von der Partie. Dass Robert Gerber ein Mörder ist, erfährt der Leser bereits im ersten Teil dieses grossartigen Krimis, der seine Spannung vor allem aus der Frage bezieht, ob und wie es Köbi gelingt, seinen brandgefährlichen Widersacher zur Strecke zu bringen.

Inzwischen um die fünfzig, von Mia verlassen und alkoholabstinent, wird Köbi im sechsten Band ‘Pöschwies’ nach sieben Jahren aus der Justizvollzugsanstalt Pöschwies freigelassen – er hatte auf unglückliche Weise einen rassistischen Junkie totgeschlagen. Sein Viertel ist unterdessen von den Hipstern erobert worden, die Anglifizierung ist weit fortgeschritten, die paar letzten Randständigen sind bloss noch Folklore. Köbis linksradikaler Mithäftling Jan, von der Presse als “Besetzer-Bestie” bezeichnet, gibt ihm Material mit auf den Weg, das beweisen soll, dass nicht er seine Freundin Pamela ermorderte, sondern ihr Vorgesetzter, der aufstrebende pseudolinke Politiker Bruno Stadler. Dieser schmierige Mistfink verliebte sich demnach in Pamela, und soll, als er von ihr abgewiesen wurde, zum Messer gegriffen haben – sein Alibi scheint allerdings wasserdicht zu sein. Köbi beginnt zu ermitteln, wird über den Tisch gezogen, zusammengeschlagen und eine Nacht lang inhaftiert, doch er bleibt am Ball und löst den Fall. ‘Pöschwies’, eine spritzige, mit coolen Sprüchen und ungezählten Blicken auf die Punkmusik gewürzte Geschichte, lässt auf eine baldige Fortsetzung der Reihe hoffen.

Im Jahr 2006 ist ’Metzgete in Zürich Nord’ in Buchform erschienen, ein ursprünglich in achtzig Fortsetzungen für das Tagblatt der Stadt Zürich geschriebener Krimi um Doping (und Mord) im Radrennsport, mit dem knorrigen, dem Alkohol nicht abgeneigten Fahnder Henry Kummer von der Zürcher Kriminalpolizei als Hauptfigur. Es gibt zwei weitere Fortsetzungsromane um Henry Kummer, doch diese sind bislang nicht als Buch herausgekommen. Im Januar 2018 startete Pörtner den Krimi ‘Agglo-Blues’ im Strassenmagazin ‘Surprise’. Sein Werk enthält ferner den 2017 erstaufgeführten Theaterkrimi ‘Der Wolf im Sihltal’, Hörspiele, Kriminalgeschichten sowie die seit 2008 wöchentlich auf ‘Woz online’ erscheinenden Kürzestgeschichten ‘100 Wörter’.

Bibliografie:                                                                             

Köbi Robert-Serie: ‘Köbi der Held’ (1998), ‘Kein Konto für Köbi’ (2000), ‘Köbi Krokodil’ (2002), ’Köbi Santiago’ (2007), ‘Stirb, schöner Engel’ (2011), ‘Pöschwies’ (2019;

Henry Kummer-Roman: ’Metzgete in Zürich Nord’ (auch unter dem Titel ’Die Affären der Witwe oder Der Dopingdoktor’ (2006);                       

Einzelwerk: ‘Mordgarten’ (2013).