(*1977; schreibt auch als James Kestrel)

Jonathan Moore, geboren in Stanford, Kalifornien, hatten einen Grossvater und einen Grossonkel, die als Deutsch-Amerikaner in Europa gegen Nazi-Deutschland kämpften. Nach der Highschool war er Wildwasser-Rafting-Führer auf dem Rio Grande, Betreuer von jugendlichen Straftätern in Texas und Ermittler für einen Strafverteidiger in Washington, D.C. Anschliessend verbrachte er vier Jahre in Hsinchu, Taiwan, wo er Mandarin studierte, als Kindergarten- und Grundschullehrer arbeitete und ein mexikanisches Restaurant betrieb, bis er in die USA zurückkehrte und 2007 ein Jurastudium an der Tulane Law School in New Orleans abschloss. Seither ist er Partner in der auf Wirtschafts- und Vertragsrecht spezialisierten Kanzlei Kobayashi, Sugita & Goda in Honolulu. In seiner Freizeit verfasste er bisher sieben Thriller, den letzten, ‘Five Decembers’ (‘Fünf Winter’), unter dem Pseudonym James Kestrel. Moore lebt mit seiner Frau Y, Wang und den beiden Kindern in Volcano Village auf Hawaii.

‘Fünf Winter’, eine atemberaubende, meisterhaft komponierte Mischung aus düsterem Thriller, Kriegsroman und Liebesgeschichte, wurde 2022 mit dem Edgar Award für den besten Roman ausgezeichnet. Angesiedelt in den Wochen vor und den vier Jahren nach Pearl Harbor, besetzt mit scharf gezeichneten Haupt- und Nebenfiguren, verknüpft der Autor auf knapp fünfhundert schlackenlosen Seiten den Zweiten Weltkrieg im Pazifik mit der bestialischen Ermordung eines jungen Amerikaners und dessen japanischer Freundin auf Hawaii. Die Aufklärung obliegt dem ehemaligen Armeeoffizier Detective Joe McGrady vom Honolulu Police Department und seinem rabiaten Partner Detective Fred Ball unter der Leitung des amphetaminsüchtigen Dreckskerls Beamer. McGrady, ein lebenskluger, abgeklärter Mann um die Vierzig, führt seit kurzem mit der Bibliothekarin Molly eine innige Liebesbeziehung, die durch den Kriegseintritt Japans im Dezember 1941 jäh zerstört wird, als der Cop während seinen in Ermittlungen, die ihn nach Hongkong führen, in japanische Gefangenschaft gerät. Das männliche Mordopfer, Neffe des Oberbefehlshabers der Pazifikflotte Admiral Kimmel, bildet den Link zwischen den beiden Handlungssträngen des Romans.

In der Mitte des Buches springt Kestrel drei Jahre vorwärts. Joe McGrady lebt seit 1053 Tagen in Tokio, versteckt im Haus des regimekritischen Diplomaten Takahashi Kansei und dessen Tochter Sachi. Takahashi, der Onkel der in Honolulu geschlachteten jungen Frau, ist durch einen Zeitungsartikel auf McGrady aufmerksam geworden. Am Morgen nach Thanksgiving detonieren die ersten amerikanischen Bomben über Tokio. 106 Tage später gestehen sich Joe und Sachi ihre tiefe Liebe. Nach dem Abwurf der Atombomben und der bedingungslosen Kapitulation Japans verspricht McGrady seinem Lebensretter Takahashi – zwischen den beiden ist eine enge Freundschaft entstanden -, den Mörder seiner Nichte aufzuspüren. Er verlässt die verwüstete Stadt und kehrt zum Polizeirevier in Honolulu zurück, wo man ihn längst für tot erklärt hat. Da er sich hier nicht mehr zurechtfindet, bringt er die Ermittlungen des Doppelmordes im Alleingang zu Ende. Ganz zuletzt, im fünften Winter, quält er sich durch verheerende Schneestürme in der eiskalten japanische Gebirgswelt – und findet die Wärme.

Protagonist des düsteren Psychothrillers ‘Poison Artist’ ist Caleb Maddox, ein brillanter Toxikologe und Schmerzforscher an der University of California in San Francisco, der über hochempfindliche Sinnesorgane verfügt; eine zerrissene Persönlichkeit, seitdem er als zwölfjähriger Junge einen seelischen Schock erlitten hat. Die Erzählung beginnt mit einem handfesten Streit zwischen Caleb und seiner Freundin, der Künstlerin Bridget, der zur vorläufigen Trennung führt. Er geht in die nächste Bar, um mit ein paar Drinks wieder runterzukommen, und trifft dort auf eine geheimnisvolle Schönheit, der er sogleich verfällt. Am folgenden Tag bittet ihn der Gerichtsmediziner Henry Newcomb, mit dem ihn eine jahrelange Freundschaft verbindet, wieder einmal um Hilfe. Es geht um einen rätselhaften Fall, bei dem sieben wohlhabende Männer tot aus der Bay gefischt wurden. Caleb braucht nicht lange, um herauszufinden, dass man den Opfern mit einer Mischung von toxischen Substanzen extreme – zu einem Herzstillstand führende – Schmerzen zugefügt hatte. Auf diesem Fundament kreiert Moore eine verstörende, stilistisch erstklassige Geschichte, in der die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit, Gegenwart und Vergangenheit, Wissenschaft und Obsession verschwimmen – ein Höllenritt am Rande des Abgrunds.

Bibliografie:

‘Redheads’ (2013), ‘Close Reach’ (2014), ‘The Poison Artist’ – Poison Artist’ (2016), ‘The Dark Room’ (2017), ‘The Night Market’ (2018), ‘Blood Relations (2019).

Als James Kestrel: ‘Five Decembers’ – ‘Fünf Winter’ (2022).