(*1956)
Geboren in Fort Gordon, Georgia, als Sohn eines Zahnarztes, aufgewachsen in Columbia, South Carolina, studierte Percival Everett Philosophie an der University of Miami und der University of Oregon und machte 1982 einen Master-Abschluss in Creative Writing an der Brown Unversity, Rhode Island. Während dem Studium verfasste er sein erstes Buch ‘Suder’, das 1983 herauskam. 1988 liess er sich Südkalifornien nieder.
Neben dem Schreiben lehrte er Englisch an mehreren Universitäten, zuletzt an der University of Southern California in Los Angeles. In seiner Freizeit repariert er alte Musikinstrumente und widmet sich der Malerei, der Jazzmusik und seinen Pferden. Er lebt mit seiner Frau , der Autorin Danzy Senna, und den beiden gemeinsamen Söhnen Henry und Miles auf seiner Ranch in der Nähe von Los Angeles.
Everetts Werk ist breit gefächert. Es enthält Lyrik, Kurzgeschichten, ein Kinderbuch, Western, Krimis und satirische Romane. Seine beiden vorletzten Publikationen, ‘Die Bäume’ (Everetts einziger auf Deutsch vorliegender Krimi) und ‘Erschütterung’, sind im Carl Hanser Verlag erschienen, vorzüglich übersetzt durch Nikolaus Stingl.
‘Die Bäume’ ist eine einzigartige Mischung aus blutigem Rachethriller, tieftrauriger Anklageschrift und wilder Humoreske, gespickt mit Horror- und Slapstickelementen. Rassismus und Lynchjustiz in USA der Vergangenheit und der Gegenwart (die Geschichte spielt in der Ära Trump) sind das zentrale Thema. Schauplatz ist das Südstaatennest Money, Mississippi, das durch eine schaurige Mordserie erschüttert wird. Die Opfer sind fette, dumpfe weisse Männer mit scheusslich zugerichteten Körpern und um den Hals geschlungenem rostigem Stacheldraht, ihre abgerissenen Hoden befinden sich jeweils in den Händen eines daneben liegenden schmächtigen, verstümmelten, in einem altmodischen Anzug steckenden schwarzen Jungen, der dann gleich wieder verschwindet, um beim nächsten Mord erneut aufzutauchen. Der (offensichtlich schon längere Zeit) tote Junge trägt stets die Züge des am 28. August 1955 mit vierzehn Jahren in Money gelynchten Emmett Till. (Die Tumulte nach dem Freispruch von Emmetts Mördern gelten als Beginn der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. Keith Beauchamp dokumentierte den Fall fünfzig Jahre später in dem Film ‘The Untold Story of Emmett Louis Till’.)
Dem nicht sehr motiviert wirkenden Hinterwäldler-Sheriff Red Jetty werden die Special Detectives Ed Morgan und Jim Davis vor die Nase gesetzt, zwei coole, erfahrene Afroamerikaner aus der nahegelegenen Stadt. Als sich die Morde auf weitere Bundesstaaten ausweiten, stösst die FBI-Agentin Herberta Hind dazu, auch sie eine Afroamerikanerin. Zu den zahlreichen Höhepunkten der aberwitzigen Geschichte gehört der Auftritt von U.S. Präsident Donald Trump, der sich, als ein Minister mit aufgeschlitztem Bauch und ohne Hoden auf dem Tisch im Roosevelt Room des Weissen Hauses liegt, unter dem Pult versteckt und nach seinem Friseur und seinem Riesenhubschrauber, der ihn nach Camp David bringen soll, verlangt. Den Schlusspunkt aber setzt die mutige 105-jährige “Mama Z”, die seit vielen Jahrzehnten die Namen aller Lynchmord-Opfer archiviert hat – unter ihnen auch ihr Vater.
Bibliografie (alle Romane):
‘Suder’ (1983), ‘Walk Me to the Distance’ (1985), ‘For Her Dark Skin’ (1990), ‘ Zulus’ (1990), ‘God’s Country’ – ‘God’s Country’ (1994), ‘Watershed’ (1996), ‘Frenzy’ (1996), ‘Glyph’ (1999), ‘Cutting Lisa’ (2000), ‘Grand Canyon, Inc.’ (2001), ‘Erasure’ – ‘Ausradiert’ (2001), ‘A History of the African-American People’ (gemeinsam mit James Kincaid, 2004), ‘American Desert’ (2004), ‘Wounded’ (2005), ‘Water Cure’ (2007), ‘I Am Not Sidney Poitier’ – ‘Ich bin nicht Sidney Poitier’ (2009), ‘Assumption’ (2011), ‘Percival Everett by Virgil Russell’ (2013), ‘The Body of Martin Aguilera’ (2013), ‘So Much Blue’ (2017), ‘Telephone’ – ‘Erschütterung’ (2020), ‘The Trees’ ‘Die Bäume’ (2021), ‘Dr. No’ (2022).