(1922-2012)

Pierre Magnan wurde in Manosque (Basses Alpes, Provence) geboren und wuchs auch dort auf. Mit zwölf verliess er die Schule und arbeitete dann acht Jahre als Typograf bei einer lokalen Druckerei. In dieser Zeit lernte er seinen Mentor und väterlichen Freund, den berühmten, ebenfalls aus Manosque stammenden Schriftsteller Jean Giono kennen. 1943 verweigerte er den Kriegsdienst, flüchtete in das Departement Isère und schloss sich dort der Résistence an. Kurz nach Kriegsende veröffentlichte Magnan seinen ersten Roman ‚L’aube insolite‘.

Als sich zeigte, dass er vom Schreiben nicht leben konnte, wurde Magnan 1949 Angestellter eines Unternehmens für Kühltransporte. In seiner Freizeit verfasste er weitere Romane, die jedoch keinen Verleger fanden. Im Jahre 1976 verlor er seine Stelle wegen Sparmassnahmen der Firma. Daraufhin machte Magnan einen zweiten ernsthaften Versuch als Romancier, diesmal im Krimigenre – und reüssierte bereits mit seinem ersten Titel ‚Le sang des Artrides‘, dem ersten Titel der Kommissar Laviolette-Serie.

Magnans 1977 begonnene und 2010 beendete, neun Romane und den Erzählband ‚Kommissar Laviolettes Geheimnis‘ umfassende, dem klassischen britischen Gruselkrimi verpflichtete Krimiserie dreht sich um den kauzigen Kommissar Laviolette („Maigret des Südens“, dessen Vornamen uns vorenthalten wird), einen hedonistischen, scharfsinnigen, kurz vor der Pensionierung stehenden (bzw. im Fortgang der Serie in den Ruhestand tretenden) Gemütsmenschen, der vor vielen Jahren aufgrund von linkspolitischen Aktivitäten in das Städtchen Digne in die Haute-Provence strafversetzt worden ist, wo es ihm ganz ausgezeichnet gefällt. Er löst seine Kriminalfälle in enger Zusammenarbeit mit dem ebenfalls nach Digne abgeschobenen Untersuchungsrichter Chabrand, mit dem er gut befreundet ist.

Ausserhalb der Kommissar Laviolette-Serie veröffentlichte Magnan im Jahre 1984 den düsteren Roman ‚Das ermordete Haus‘ – ein Meilenstein der zeitgenössischen französischen Spannungsliteratur. Die Geschichte einer viele Jahre zurückliegenden Tragödie spielt in der Haute-Provence unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs. Im Mittelpunkt steht Séraphin Monge, als Säugling einziger Überlebender eines Massakers, dem seine ganze Familie – Grossvater, Eltern, die beiden Brüder – zum Opfer gefallen ist. Drei unschuldige ausländische Strassenarbeiter wurden damals verurteilt und hingerichtet. Séraphin Monge, von Nonnen grossgezogen, den Schützengräben mit heiler Haut entronnen, ein athletischer, von den Frauen begehrter Mann, kehrt jetzt in sein Heimatdorf Lurs zurück, reisst das Elternhaus eigenhändig Stein für Stein nieder und verbrennt sämtliche Möbel mit dem Ziel, dahinter zu kommen, was vor dreiundzwanzig Jahren wirklich geschehen ist, und sich an den wahren Tätern zu rächen, damit die tiefe Wunde endlich abheilen kann, die ihm der Verlust der Mutter zugefügt hat – doch ein unbekannter Mann kommt ihm zuvor. Magnan legt eine Reihe von falschen Fährten, bevor sich der Nebel in einem überraschenden Finale lichtet.

In dem nicht auf Deutsch vorliegenden – um Séraphins Tod kreisender – Nachfolgeband ‚Le mystere de Séraphin Monge‘ begegnen wir einem jungen Widerstandsskämpfer namens Laviolette.

Magnans Spätwerk besteht aus den  Memoiren ‚Apprenti‘ und ‚Un monstre Sacré‘, dem historischen Spannungsroman ‚Chronique d’un Chateau hanté‘, der zwischen der Zeit der grossen Pestepidemie 1348-1350 und dem Jahr 1910, dem Vorabend des Ersten Weltkriegs, hin- und herspringt, dem Porträt seines Mentors und väterlichen Freundes Jean Giono ‚Pour saluer Giono‘ und den beiden letzten Laviolette-Bänden.

Pierre Magnan lebte fast immer in Forcalquier, in der Nähe seines Geburtsorts, und verbrachte dort seinen Lebensabend mit Lesen, Schreiben, Spaziergängen, der Pflege seiner schönen Homepage und dem Kosten von südfranzösischen Rotweinen. 2010 verliess er seine geliebte Heimat und bezog Wohnsitz in der Kleinstadt Voiron, Departement Isère, wo er 89-jährig starb. Er hinterliess seine zweite Frau Francoise, die er 2004, zwei Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau, geheiratet hatte, und drei Kinder aus erster Ehe, Nicolas, Virginie und Isabelle.

Bibliografie:

Kommissar Laviolette-Serie: ‚Le sang des Atrides‘ – ‚Das Zimmer hinter dem Spiegel‘ (1977), ‚Le commissaire dans la truffière – ‚Laviolette auf Trüffelsuche (1978), ‚Le secret des Andrônes‘ – ‚Tod unter der Glyzinie‘ (1979), ‚Le tombeau d’Helios‘ – ‚Tod in Bronze‘ (1980), ‚Les charbonniers de la mort‘ (1982), ‚Les courriers de la mort‘ – ‚Der Mörder mit der schönen Handschrift‘ (1986), ‚Les enquètes de commissaire Laviolette‘ (1991), ‚Le parme convient à Laviolette‘ (1999), ‚Elégie pour Laviolette‘ (2010);

Séraphin Monge-Romane: ‚La maison assassinée – ‚Das ermordete Haus‘ (1984), ‚Le mystere de Séraphin Monge‘ (1990);

Einzelwerk: ‚Chronique d’un Château hanté‘ (2008).