(1914-1986, schrieb auch als Albert Avellano, Jaime Sandaval und Gar Wilson)

Dan J. Marlowe, geboren in Lowell, Massachusetts, verlor früh seine Mutter und wuchs bei zwei Tanten auf. Er ging in Woburn, Massachusetts, und New London, Connecticut, zur Schule. 1934 machte er einen Abschluss als Buchprüfer an der Bentley School of Accounting and Finance in Boston. 1934 bis 1941 war er stellvertretender Leiter zweier Freizeitclubs in Connecticut, danach vier Jahre Aufseher bei United Aircraft Corporation in Strafort, ebenfalls Connecticut, und schliesslich zwölf Jahre Manager bei der Washington Tobacco Co. in Washington, D.C. Daneben verrichtete er Gelegenheitsjobs und war sieben Jahre professioneller Pokerspieler.

Nach dem unerwarteten Tod seiner Frau verliess Marlowe 1956 fluchtartig die amerikanische Hauptstadt. Er ging nach New York City, trank Unmengen Alkohol, besuchte Creative Writing-Kurse – und begann 1957 zu schreiben. Von 1962 bis 1978 lebte er in der Kleinstadt Harbor Beach, Michigan, wo er sich auch als Rotarier, Stadtrat (1967-70), Kolumnist, Buchkritiker und Frauenheld hervortat.

Der Berufsverbrecher Earl Drake, genannt „The Man With Nobody’s Face“ (sein Gesicht wird am Ende des ersten Romans entstellt und daraufhin durch einen plastischen Chirurgen rekonstruiert), steht als Ich-Erzähler im Mittelpunkt einer nachtschwarzen Serie, die von 1962 bis 1976 in zwölf Teilen erschienen ist. Ab dem dritten Band der Reihe (‚Operation Fireball‘, 1969) ist Drake als Sonderagent der amerikanischen Regierung tätig. Dan Marlowe liess sich für die Geschichten von seinem kriminellen Freund Al Nussbaum beraten, der 1962 wegen Bankraub in ein Bundesgefängnis gesteckt worden war und Marlowe aus seiner Zelle mit Insiderwissen über Waffen und Alarmsysteme versorgte. Ab 1964 war ihm auch William C. Odell, ein früherer Luftwaffenoberst, beim Recherchieren und Schreiben behilflich.

„Zwei Wachmänner am hellichten Tag bei einem tolldreisten Überfall niedergeschlagen. Bankräuber entkamen mit 178’000 Dollar. Ein Bankräuber und zwei Wachposten bei Schiesserei getötet.“ Dies ist die Schlagzeile am Tag, an dem der Gangster Earl Drake mit seinem Kumpel Bunny in Phoenix, Arizona, eine Bank ausgeraubt hat. Drake taucht unter, um eine Schussverletzung auszukurieren, während Buddy sich mit der Beute nach Florida verzieht. Die nun folgende, vergleichsweise friedliche Phase ermöglicht es Marlowe, im ersten Band der Reihe, ‚Das Spiel heisst Tod‘, Rückblenden auf Drakes Vergangenheit einzuschieben – die durch Gewalterlebnisse überschattete Kindheit und Jugendzeit, die ersten Morde als junger Mann, der Aufbau einer bürgerlichen Scheinexistenz als „Baumdoktor“ unter den Decknamen Chet Arnold und Roy Martin. Dabei zeichnet Marlowe seinen Protagonisten als gewalttätigen und amoralischen, aber durchaus zu Gefühlen fähigen Burschen, dem Tiere mehr bedeuten als Menschen. Als nach einigen Wochen Bunnys Nachrichten und Geldsendungen endgültig ausbleiben, macht Drake sich auf die Suche nach seinem Partner. Der Showdown in Florida ist explosiv und nichts für schwache Nerven.

Bereits vor der Earl Drake-Serie verfasste Dan Marlowe fünf actiongeladene Krimis um den ehemaligen CIA-Agenten Johnny Killain – bärenstarker, hart durchgreifender, von den Frauen begehrter Chefportier und Troubleshooter des Hotels Duarte, New York City. Von Marlowes Einzelwerken erhielten ‚Geheime Dokumente‘, ‚Den Toten gibt es nicht‘ und ‚Tödliche Rache‘, alle aus den 60er-Jahren, am meisten Zuspruch.

Als Al Nussbaum nach vierzehn Jahren aus dem Gefängnis entlassen wurde, half ihm Marlowe, seine Karriere als Kurzgeschichtenautor in Schwung zu bringen. 1977 verlor Marlowe plötzlich das Gedächtnis (die Ärzte waren sich über die Ursache der Erkrankung nicht einig, man sprach von einem Hirnschlag, aber auch von einer psychischen Störung). Nussbaum revanchierte sich daraufhin, indem er Marlowe während vier Jahren in seinem Appartment in Los Angeles beherbergte.

Dan Marowe starb 72-jährig in Tarzana, einem Vorort von Los Angeles, wo er die letzten Jahre seines Lebens allein in einer kleinen, schäbigen Wohnung verbracht hatte.

Bibliografie:

Johnny Killain-Serie: ‚Doorway to Death‘ – ‚Fünf müssen sterben‘ (1959), ‚Killer with a Key‘ – ‚Die Geliebte des Mörders‘ (1959), ‚Doom Service‘ (1960), ‚The Fatal Frails‘ – ‚Johnny und die Rote‘ (1960), ‚Shake a Crooked Town‘ – ‚Johnny räumt auf‘ (1961);

Earl Drake-Serie: ‚The Name of the Game Is Death‘ (auch unter dem Titel ‚Operation Overkill‘) – ‚Das Spiel heisst Tod (auch unter dem Titel ‚Dem Abgrund entgegen‘, 1962), ‚One Endless Hour‘ (auch unter dem Titel ‚Operation Endless Hour‘) – ‚Höllenbrut‘ (auch unter dem Titel ‚Die endlose Stunde‘, 1969), ‚Operation Fireball‘ (1969), ‚Flashpoint‘ (auch unter dem Titel ‚Operation Fireball‘) – ‚Gejagt und geschnappt‘ (1970), ‚Operation Breakthrough‘ – ‚Wer hat die Mafiadokumente?‘ (1971), ‚Operation Checkmate‘ (1972), ‚Operation Drumfire‘ (1972), ‚Operation Stranglehold‘ (1973), ‚Operation Whiplash‘ (1973), ‚Operation Hammerlock‘ (1974), ‚Operation Deathmaker‘ (1975), ‚Operation Counterpunch‘ (1975);

Einzelwerke: ‚Backfire‘ – ‚Der grosse Unbekannte‘ (1961), ‚Strongarm‘ – ‚Geheime Dokumente‘ (1963), ‚Never Live Twice‘ – ‚Den Toten gibt es nicht‘ (1964), ‚Death Deep Down‘ – ‚Tod tief unten‘ (1965), ‚The Vengeance Man‘ – ‚Tödliche Rache‘ (1966), ‚Four for the Money‘ – ‚Eine todsichere Sache‘ (1966), ‚The Raven Is a Blood Red Bird‘ – ‚Für Geld alles‘ (gemeinsam mit William Odell, 1967), ‚Route of the Red Gold‘ – ‚Gefährliches Gold‘ (1967), ‚Janie‘ (1983), ‚A Game for Fools‘ (1984), ‚No Witnesses‘ (1985), ‚Calire‘ (1985), ‚The Comeback‘ (1985), ‚Game Day‘ (1985), ‚Redmond’s shot‘ (1985), ‚Turk‘ (1985), ‚Small-Town Beat‘ (1986), ‚The Devlin Affair‘ (1987), ‚Double the Glory‘ (1987), ‚The Hitter‘ (1987), ‚Mudder‘ (1987), ‚Sixth Man‘ (1987), ‚Super Upset‘ (1987), ‚Death in Any Language‘ (1987), ‚Pension Plan‘ (1987), ‚Winners and Losers‘ (1991), ‚Cloak and Dagger‘ (1991), ‚Big-Top Tragedy‘ (1998), ‚Deadly Torrent‘ (1998), ‚Quake 8.1‘ (1998).

Als Gar Wilson: ‚Guerilla Games‘ (1982).