(Pseudonym für Cecil Day Lewis, 1904-1972)

Cecil Day Lewis wurde als einziges Kind eines Geistlichen im irischen Ort Ballintubber, County Laois, geboren und wuchs nach dem frühen Tod der Mutter mit seinem Vater und einer Tante in London auf. Nach dem Besuch der Sherborne School in Devon studierte er am Oxforder Wadham College mit einem Abschluss 1927. Ein Jahr später heiratete er Mary King, ihre Söhne Sean und Nicholas kamen 1931 bzw. 1934 auf die Welt. Einer Liaison mit der Frau eines benachbarten Farmers (die Familie Day-Lewis lebte damals in Devon) entsprang mindestens ein weiterer Sohn. In den 40er-Jahren pflegte Day-Lewis eine turbulente Liebesbeziehung mit der Autorin Rosamond Lehmann. Die Ehe mit Mary wurde 1951 geschieden. Noch im selben Jahr vermählte sich Day-Lewis mit der jungen Schauspielerin Jill Balcon und liess sich mit ihr in einem grossen Haus in Greenwich nieder. Sie hatten zusammen eine Tochter (Tomasin, geboren 1953) und einen Sohn (Daniel, geboren 1957, später ein berühmter Schauspieler). Mit 68 Jahren erlag Day-Lewis im Haus des berühmten Romanciers Kingsley Amis in Hertfordshire einem Krebsleiden (Day-Lewis lebte dort mit Jill; mit der Frau seines Gastgebers hatte er einige Jahre zuvor eine kurze Affäre).

Zur Zeit des Spanischen Bürgerkrieges sympathisierte Day-Lewis mit dem Kommunismus, 1935 wurde er gar Mitglied der Partei, der er indes nach drei Jahren enttäuscht den Rücken kehrte. Im Zweiten Weltkrieg arbeitete er im Ministry of Information, danach nahm er eine leitende Stellung im Verlagshaus Chatto & Windus ein, bis er zu seinen akademischen Wurzeln zurückkehrte. 1946 dozierte er an der Cambridge University, seine Vorlesungen wurden in der Sammlung ‘The Poetic Image’ publiziert. Von 1951 bis 1956 war er Lehrer für Gedichtkunst in Oxford, und von 1962 bis 1963 weilte er als Gastprofessor in Harvard.

Cecil Day-Lewis war ein vielseitiger Autor. Geprägt und gefördert durch den Poeten W.H. Auden, veröffentlichte er 1925 den ersten von zwanzig Gedichtbänden. 1935 nahm er das Pseudonym Nicholas Blake an, um sich in seiner Freizeit dem Krimischreiben zu widmen – er brauchte dringend Geld. Parallel dazu, unter angestammtem Namen, verfasste er natürlich weiterhin Gedichte, aber auch mehrere Bände mit Literaturkritiken und Essays, die Autobiografie ‘The Buried Day’ (1960) und ein Kinderbuch. 1968 ernannte ihn Queen Elisabeth zum Hofdichter, ein Amt, das ihn dazu verpflichtete, für feierliche Anlässe Verse zu schmieden.

In 16 von Blakes 20 Spannungsromanen steht Nigel Strangeway im Mittelpunkt, ein facettenreicher, offenbar nach W.H. Auden gezeichneter, in London ansässiger Amateurdetektiv, der für den hochrangigen Polizeibeamten Blount von Scotland Yard oder den britischen Geheimdienst, gelegentlich aber auch für seine zahlreichen Freunde und Bekannten ins Feld zieht. Im zweiten Band heiratet er die emanzipierte Forschungsreisende Georgia Cavendish, auch sie eine vielschichtige Figur, die indes den Zweiten Weltkrieg nicht überlebt (Strangeway tröstet sich später mit einer Liebesbeziehung zu Clare Massinger). ‘Der Morgen nach dem Tod’, Blakes letzter Krimi um den mittlerweile gealterten Strangeway, spielt im amerikanischen Universitätsmilieu, mit dem der kurz zuvor nach Harvard berufene Autor eng vertraut war.

Im Gegensatz zu manchen anderen Akademikern ist es Blake gelungen, spannende, raffiniert gebaute, zunächst noch stark vom “Golden Age” geprägte Kriminalromane zu schreiben, ohne seine literarische Bildung allzu stark in den Vordergrund zu rücken. Von den auf Deutsch erhältlichen Titeln erhielt ‘Das Biest’ (in der Neuübersetzung: ‘Mein Verbrechen’, verfilmt von Claude Chabrol unter dem Titel ‚Das Biest muss sterben’) den grössten Zuspruch.

‘Das Biest’ ist die Geschichte des erfolgreichen Krimiautors und allein erziehenden Vaters Frank Cairnes (Nom de plume: Felix Lane), dessen kleiner Sohn Martie vor einem halben Jahr von einem fahrerflüchtigen Raser getötet wurde, als er Bonbons einkaufen ging – die Mutter, Tessa, war bereits bei der Geburt des Jungen verstorben. Als die Polizeiermittlungen im Sand verlaufen, beschliesst der nach längerem Klinikaufenthalt wieder einigermassen hergestellte Vater, den Täter aufzuspüren und sich an ihm zu rächen. Seine Detektivarbeit hält er in einem Tagebuch fest, das der Leser jetzt in den Händen hält. Durch logische Überlegung und einen glücklichen Zufall stösst Lane auf den Schuldigen, einen Kotzbrocken namens George Rattery, doch sein Anschlag auf dessen Leben misslingt. Als Rattery noch am selben Tag (!) mit Strychnin getötet wird, soll Strangeway Felix Lanes Unschuld beweisen – ein schier aussichtsloses Unterfangen, es sei denn, der Detektiv findet eine Person, die Lanes Plan kannte und dann zu Ende führte. Die Ermittlungen des eigenartigen Falles, den Strangeway am Schluss als seinen bisher unglücklichsten bezeichnet, kommen in der zweiten Hälfte des Buches detailreich zur Darstellung.

Bibliografie:

Nigel Strangeways-Serie: ‘A Question of Proof’ – ‘Was zu beweisen ist’ (1935), ‘Shell of Death’ (auch unter dem Titel ‘Thou Shell of Death’) – ‘Der geduldige Mörder’ (auch unter den Titeln ‘Eine vertrackte Geschichte’ und ‘Das Geheimnis von Dower House, 1936), ‘There’s Trouble Brewing’ – ‘Tat auf Tat’ (1937), ‘The Beast Must Die’ – ‘Mein Verbrechen’ (auch unter den Titeln ‘Das Biest’ und ‘Die Spur im Tagebuch’, 1938), ‘The Smiler with the Knife’ (1939), ‘Malice in Wonderland’ (auch unter den Titeln ‘The Summer Camp Mystery’ und ‘The Malice with Murder’ – ‘Tod im Wunderland’ (1940), ‘The Case of the Abominable Snowman’ (auch unter dem Titel ‚The Corpse in the Snowman’ – ‘Das Geheimnis des Schneemanns’ (1941), ‘Minute for Murder’ – ‘Akte Q – streng geheim’ (1947), ‘Head of a Traveller’ – ‘Der rätselhafte Leichnam’ (1949), ‘The Dreadful Hollow’ (1953), ‘The Whisper in the Gloom’ (auch unter dem Titel ‘Catch and Kill’) – ‘Stimmen im Zwielicht’ (1954), ‘End of Chapter’ – ‘Ende des Kapitels’ (auch unter dem Titel ‘Schluss des Kapitels’, 1957), ‘The Widow’s Cruise’ – ‘Scotland Yard reist mit’ (1959), ‘The Worm of Death’ – ‘Ein Patriarch verschwindet’ (1961), ‘The Sad Variety’ – ‘Ein Engel soll sterben’ (1964), ‘The Morning After Death’ – ‘Der Morgen nach dem Tod’ (1966);

Einzelwerke: ‘A Tangled Web’ (auch unter dem Titel ‘Death and Daisy Bland’, 1956), ‘A Penknife in My Heart’ (1958), ‘The Deadley Joker’ – ‘Der Totenvogel’ (1963), ‘The Private Wound’ (1968).