(1945-1998)

Marcel Montecino kam als Sohn eines unbekannten Vaters und einer Mutter, die starb, als er ein Baby war, in New Orleans auf die Welt. Danach kümmerte sich eine Tante um ihn, doch auch sie lebte nicht sehr lange – der Junge landete auf der berüchtigten Bourbon Street mit ihren Nutten, Nachtvögeln und Gaunern.

Nachdem Montecino schon früh seine Passion für Musik entdeckt hatte, tingelte er in den 70er-Jahren als Blues- und Jazzpianist durch die Vereinigten Staaten, bis er schliesslich mit 35 Cents in der Tasche in Los Angeles strandete. Dort hielt er sich mit Diebstählen über Wasser, klimperte in einer Brasserie am Sunset Boulevard, soff billigen Schnaps und konsumierte Drogen, bis aufstrebende Musiker wie Robin Williams und Jay Leno sein Talent erkannten und ihn als Begleitmusiker engagierten – ein schöner Aufstieg.

Montecino träumte indes schon lange davon, einen Roman zu verfassen. Er besuchte einen Schreib-Kurs an der UCLA und verfasste etliche Stories, auf die ein Professor begeistert reagierte. Nun gab es kein Halten mehr. Montecino publizierte 1988 seinen gross einschlagenden Roman ‘The Crosskiller’ und liess zwei Jahre später ‘Big Time’ folgen, die Filmgesellschaften klopften an seine Tür.

Dann kam der grosse Absturz: Depressionen, Kokain und Alkohol, tiefe Einsamkeit. Ohne Kontakt zu seiner Umgebung vegetierte Montecino zwei Jahre in seiner Wohnung dahin – bis sein Lebenswille plötzlich wieder erwachte. Er machte einen Entzug in der Betty Ford Clinic, stürzte sich danach in die Arbeit, und veröffentlichte 1997 seinen autibiografisch geprägten dritten Roman ‘Sacred Heart’. Ein Jahr später war er tot.

In seinem wuchtigen, tief unter die Haut dringenden Erstling ‘Kalt wie Gold’ (in einer stark verkürzten Version durch David Mamet unter dem Titel ‘Homicide’ verfilmt, Joe Montegna spielte die Hauptrolle) entwirft Montecino ein eindrucksvolles Porträt der von Rassismus, Hass, Kokain und Gewalt gezeichneten Grossstadt Los Angeles der 80er-Jahre. Jack Gold vom LAPD, ein 56-jähriger jüdischer Cop, ist nach 29 harten Dienstjahren eine gebrochene, zu Gewaltausbrüchen und Alkoholexzessen neigende Figur. Seine Ehe mit dem Miststück Evelyn ist längst kaputt; beruflich befindet er sich auf einem Abstellgleis; den vierzehn Jahre zurückliegenden Tod seiner Freundin Angelique, einer drogensüchtigen schwarzen Jazzsängerin, hat er nie verwunden; und seine heiss geliebte Tochter Wendy ist mit Howie verheiratet, einem charakterschwachen Yuppie-Anwalt und Kokain-Händler Howie. Bei der Arbeit baut Gold auf Einschüchterung: Er macht Druck, indem er “die Ratten aus ihren Löchern treibt, Informanten in die Mangel nimmt, ein paar Leuten in den Arsch tritt” – und früher oder später taucht der Gesuchte auf. Diesmal aber jagt der strafversetzte Bulle ein Phantom: Einen offenbar einzelgängerischen Mann, der, nachdem er zuerst nur mit antisemitischen Wandschmierereien auf sich aufmerksam macht, eines Tages wahllos Schwarze und Juden zu ermorden beginnt und nach der Tat jeweils Kreuze neben die Opfer sprüht, was ihm den Spitznamen “Crosskiller” einträgt. Doch Gold hat noch einen zweiten, ihn sehr direkt betreffenden Fall am Hals: Weil Schwiegersohn Howie sich auf einen riskanten Kokaindeal eingelassen hat, wird Wendy von zwei Typen, die es auf den Stoff abgesehen haben, brutal vergewaltigt – Golds Zorn kennt jetzt keine Grenzen mehr. Und dann verschmelzen die beiden Fälle miteinander.

Der schlitzohrige Buchmacher, Musiker und Frauenscharm Salvatore “Sal” D’Amore aus New Orleans steht auf der Abschussliste der brutalen Venezia-Gang, nachdem er sie um 180 Riesen beschissen hat – Verwendung der Einnahmen für eigene Wetten war seine Masche. Nur wenige Stunden bleiben ihm noch, um den Zaster aufzutreiben. Sein langjähriger Manager und Mentor Santo Pecoraro legt ihm deshalb nahe, so rasch wie möglich unter falschem Namen und mit neuem Gesicht das Weite zu suchen. Seine Flucht führt Sal von einer Stadt zur anderen – Memphis, St. Louis, Bloomington, Lincoln, Toronto usw. -, er hält sich mit Gelegenheitsjobs in Kneipen und als Gigolo über Wasser, stets auf der Hut, nicht aufzufallen. Als Sal D’Amore in Waukegan, Illinois, einen Mordanschlag durch einen Komplizen der Venezia-Familie nur haarscharf überlebt, beginnt er ein neues Leben. Er reist als Marco Toledano auf einem Schiff nach Rio, lernt unterwegs die hochbegabte, jedoch psychisch fragile 16-jährige Sängerin Isabel Gemelli kennen, verliebt sich heftig in sie und nimmt sie unter seine Fittiche, um ihr den Weg zu einer Welt-Karriere freizuschaufeln, was ihm auch gelingt. Nach einer Reihe von haarsträubenden – gewalttriefenden, witzigen, tieftraurigen – Abenteuern landet der endlich zum Mann gereifte Sal in einem mexikanischen Wüstennest, wo sich der Kreis schliesst. ‘Riskantes Spiel’ ist eine mitreissende Geschichte um denkwürdige Figuren – mit einem kurzen, herzerwärmenden Auftritt des aus Montecinos erstem Thriller bestens bekannten LAPD-Cops Jack Gold.

Bibliografie:

‘The Cross Killer’ – ‘Kalt wie Gold’ (1988), ‘Big Time’ – ‘Riskantes Spiel’ (1990), ‘Secret Heart’ (1997).