(*1948)

Dan Simmons wurde in Peoria, Illinois, geboren und wuchs in verschiedenen Städten des Mittleren Westens auf, unter anderem in Brimfield, Illinois. Nach seinem Englischstudium, das er am Wabash College (Bundesstaat Indiana) abschloss, erwarb er 1971 einen Magister in Erziehung an der Washington University in St. Louis. Die folgenden achtzehn Jahre verbrachte er als Grundschullehrer in den Bundesstaaten Missouri, Buffalo, New York und Colorado. Im Jahr 1982 veröffentlichte er seine ersten Kurzgeschichten, fünf Jahre später stellte er das Schreiben in das Zentrum seines Berufslebens. Simmons lebt mit seiner Frau Karen und seiner Tochter Jane in Longmont, Colorado, am Fuss der Rocky Mountains.

Simmons war bereits ein renommierter Horror-, Fantasy- und Sciencefiction-Autor (Hyperion-Romane!), als er 1999 den historischen Spionageroman ‘Fiesta in Havanna’ herausgab, eine 600 Seiten umfassende Mischung aus Fiktion und Tatsachen mit eindrucksvollen Gastauftritten von Ian Fleming, Cary Cooper, Ingrid Bergman und Marlene Dietrich. Im Frühjahr 1942, kurz nach Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg, entsendet FBI-Direktor Edgar J. Hoover den abgebrühten (fiktiven) Agenten Joe Lucas in die kubanische Hauptstadt, damit dieser dem Erfolgsautor Ernest Hemingway, der zusammen mit seiner bunt zusammengewürfelten, selbstironisch als Crook Factory (Gaunerbande) bezeichneten Gang deutsche U-Boote ausspioniert, ein wenig auf die Finger schaut. Fasziniert von der Persönlichkeit des abenteuerlustigen Schriftstellers, freundet sich Lucas mit Hemingway an – und die beiden kommen einem ungeheuren Komplott auf die Spur.

‘Das Schlangenhaupt’, ein rasanter, mit einer hübschen Liebesgeschichte und irrwitzigen Actionszenen gewürzter Hightech-Thriller, dreht sich um den stoischen, im Grunde friedfertigen ehemaligen Vietnam-Scharfschützen und jetzigen Schadensermittler Dr. Darwin “Dar” Minor, der seine Frau und seinen kleinen Sohn vor zehn Jahren bei einem Flugzeugabsturz verloren hat, und die smarte FBI-Agentin Sydney “Syd” Olson, Chefermittlerin des Generalstaatsanwalts, die in Südkalifornien eine Sonderkommission bilden, um einen gigantischen – auf fingierten Verkehrsunfällen basierenden – Versicherungsbetrug zu ermitteln.

Simmons’ episches Frühwerk ‘Kraft des Bösen’, ein aufwühlender, meisterhaft komponierter Mix aus Horror, Psycho- und Politthriller, gespickt mit gewalttriefenden, aber auch mit komischen Szenen, nimmt immer wieder Bezug auf historische Geschehnisse des 20. Jahrhunderts – Holocaust, Nürnberger Prozess, Kennedy-Mord, Reagan-Attentat, Geiselnahme von Teheran, Aktionen des Mossad und des Nazijägers Simon Wiesenthal. Im Mittelpunkt stehen die drei in die Jahre gekommenen “Gedankenvampire” Willi Borden, ein früherer Waffen-SS-Offizier, sowie Nina Drayton und die Ich-Erzählerin Melanie Fuller, die 1980 ein Blutbad anrichten (“Charleston-Massaker”), indem sie in die Gehirne anderer Menschen eindringen und sie zu willenlosen Mördern umfunktionieren; der kluge, scharfsinnige, gerne auf Hinterwäldler machende Sheriff Bobby Joe Gentry; der warmherzige jüdisch-polnische New Yorker Psychiater Saul Laski, der 1942 als Teenager im Konzentrationslager Chelmo und im Vernichtungslager Sobibor mit Gedanken-Manipulation konfrontiert worden war, sich danach einer jüdischen Untergrund-Organisation anschloss, später das NYPD bei den Morden von “Son of Sam” beriet, und jetzt Gentry bei seinen Mordermittlungen unterstützt; Natalie Preston, eine junge Fotografin, deren Vater eines der Opfer des Massakers war, und die sich mit Gentry und Lanski zusammenschliesst; der abtrünnige FBI-Agent Richard Haines; und Phil Harod, der gemeinsam mit Willi Borden zahlreiche Hollywood-Schundfilme produziert hat. Die Fäden zieht indes der mysteriöse “Island Club”, dessen Mitglieder nicht nur ein Milliardenvermögen, sondern auch übersinnliche Fähigkeiten besitzen, und zwar in höherem Mass als das Killer-Trio. ‘Kraft des Bösen’ ist ein hellseherischer Abgesang auf eine Welt, die durch Gehirnwäsche, unerschöpfliche finanzielle Mittel und durchgeknallte Egozentriker an den Rand des Abgrunds gerät.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts kreierte Simmons mit Joe Kurtz eine ungemein wuchtige Thrillerfigur. Aufgewachsen in einem Waisenhaus, dann Privatermittler in der heruntergekommenen Industriestadt Buffalo, New York State, rächt Kurtz zu Beginn der Trilogie den gewaltsamen Tod seiner Partnerin und Geliebten Samantha Fielding. Die folgenden elfeinhalb Jahre verbringt er in Attica, einem der übelsten Gefängnisse der Vereinigten Staaten. Nach seiner Freilassung eröffnet der instinktsichere Einzelgänger mit seiner früheren Sekretärin, der gewieften Hackerin Arlene Demarco, im Keller eines Pornoladens eine Art Detektivbüro – jetzt natürlich ohne Lizenz. Seinen ersten Auftrag erhält er dann ausgerechnet von dem greisen Mafiaboss Farino, dessen missratenem Sohn “Little Skag” er im Knast das Leben gerettet hat – er soll den Mord am Buchhalter des Clans aufklären. Doch Joe Kurtz, clever, eiskalt und kampferprobt, gräbt zu tief und sieht sich alsbald einer Meute aus skrupellosen Drogendealern, durchgeknallten Auftragskillern und korrupten Cops gegenüber.

Auch im zweiten Roman ‘Bitterkalt’ bekämpfen sich Joe Kurtz und der (nach dem wilden Finale des ersten Teils arg dezimierte) Farino-Clan mit harten Bandagen. Doch diesmal hat der Detektiv noch einen zweiten Fall, der ihm alles abverlangt: Im Auftrag des krebskranken Musikers John Frears jagt er den Serienmörder James B. Hansen, einen hochintelligenten Psychopathen, der seit vielen Jahren – verborgen hinter ganz unterschiedlichen Masken – pubertierende Mädchen entführt, vergewaltigt und umbringt, um dann unter Vortäuschung des eigenen Todes unterzutauchen – Frears ist der Vater eines dieser Opfer. Im Zuge seiner Ermittlungen enthüllt Kurtz die gegenwärtige Identität des Killers – Captain Robert Millworth, Leiter der Mordkommission in Buffalo.

‘Kalt wie Stahl’ bildet den Abschluss der atemberaubenden Trilogie. Die miteinander verfeindeten New Yorker Mafiafamilien Gonzaga und Farino (neuerdings mit Angelina Farino Ferrara an der Spitze), ein mächtiger Gangsterboss mit dem unpassenden Spitznamen Baby Doc, ein höchst effizienter Kopfgeldjäger, der weitherum als der Däne bekannt und gefürchtet ist, ein Killer, den man den Dodger nennt, sowie dessen geheimnisvoller Drahtzieher sorgen für ausufernden Blutfluss in der Stadt. Und dann bricht ein flächendeckender Drogenkrieg aus – mit Joe Kurtz zwischen allen Fronten.

Bibliografie (nur Kriminalromane):

Einzelwerke: ‘Carrion Comfort’ – ‘Kraft des Bösen’, ‘The Crook Factory’ – ‘Fiesta in Havanna’ (1999), ‘Darwin’s Blade’ – ‘Das Schlangenhaupt’ (2000);

Joe Kurtz-Trilogie: ‘Hardcase’ – ‘Eiskalt erwischt’ (2001), ‘Hard Freeze’ – ‘Bitterkalt’ (2002), ‘Hard as Nails’ – ‘Kalt wie Stahl’ (2003).

Martin Comparts prägnantes Porträt des Autors findet sich unter:

https://www.evolver.at/stories/Dan_Simmons_Terror/