(Kürzel für Richard Lewis Boyer, 1943-2021)

Rick Boyer, geboren in Evanston, Illinois, als einer von drei Söhnen einer literaturbegeisterten Mutter und eines Juristen, studierte Englisch an der Denison University of Granville in Ohio und Creative Writing bei Kurt Vonnegut an der University of Iowa mit einem Master-Abschluss 1968. Danach unterrichtete er Englisch an einer Highschool in Illinois, bis er nach Boston zog, um ins Verlagswesen zu wechseln. Nebenberuflich wandte er sich Mitte der 70er dem Schreiben zu. Von 1988 bis zur Emeritiierung 2008 lehrte er Englisch an der Western Carolina University in North Carolina. Der fünffache Vater lebte in Waynesville, North Carolina, wo er nach langer Krankheit in einem Pflegeheim verschied.

Boyers liebenswürdiger, humorvoller Krimiheld Charlie „Doc“ Adams, Zahnarzt und Kieferchirurg mit etwas kindlichem Gemüt, Vater von zwei fast erwachsenen Söhnen namens Jack und Tony, lebt mit seiner gewitzten und heissblütigen Frau Mary, einer Krankenschwester und Töpferin süditalienischen Ursprungs, in der Kleinstadt Concord, Massachusetts. Seine Freizeit verbringen die beiden vorzugsweise in ihrem Cottage am Cape Cod, wo sich Doc seinen Passionen Segeln, Fischfang und Fotografie widmet. Ausserdem lockert er die eintönige Gebissflickarbeit gelegentlich auf, indem er sich zum Missfallen seiner Frau in gefährliche, ja haarsträubende Abenteuer stürzt, um sich wieder lebendig zu fühlen. Hierbei kann er stets auf die Unterstützung seines Schwagers Detective Lieutenant Joseph Brindelli von der Boston State Police zählen. Zu seinem engsten Freundeskreis gehören der schrullige Psychiater Moe Abramson, der vierschrötige litauische Ex-Söldner und Kampfsportlehrer Liatis Roantis, der ihm einst das Leben gerettet hat, und William Tapplys Krimifigur Brady Coyne, ein Anwalt, der oft erwähnt wird, in den Romanen jedoch nie leibhaftig auftritt.

Der mit einem Edgar ausgezeichnete Erstling ‚Untiefe‘ und ‚Die Daisy Ducks‘ bilden die Höhepunkte der komplexen, geschickt gebauten, stets aus Doc Adams‘ Sicht erzählten Geschichten, die durch feinfühlige Zeichnung der Charaktere und eindrucksvolle Naturschilderungen noch an Wert gewinnen.

In ‚Untiefe‘ steckt der bald 50-jährige Doc gerade in einer tiefen Sinn- und Lebenskrise, als er im Hafen von Wellfleet seltsame Vorgänge beobachtet und mit seiner Kamera festhält, unmittelbar nachdem ein unbekanntes Schiff auf Grund gegangen ist. Am folgenden Tag wird gleichenorts die Leiche des mit Docs Familie befreundeten Tauchers Allan Hart aus dem Wasser gezogen, und das gestrandete Boot ist nicht mehr vor Ort. Doc zweifelt an der offiziellen Version, wonach Allan Opfer eines Unfalls war, und beginnt zu recherchieren. Erste Spuren führen zu einem steinreichen Mann, der seit mehreren Wochen verschwunden ist und laut seiner Frau besessen war von der Idee, vor der Küste Neuenglands einen Schatz zu finden. Nachdem Doc beinahe Opfer eines Mordanschlags geworden ist, täuscht er im Einverständnis mit seinem Schwager vor, nicht mehr am Leben zu sein, um seine Nachforschungen einigermassen gefahrlos weiterführen zu können – doch dies geht gründlich schief.

Docs Kumpel Liatis Roantis, in den 60ern Anführer des berüchtigten, aus acht Mann bestehenden Vietnam-Kommandos „Daisy Ducks“, hat bei Kriegsende in Hongkong eine äusserst wertvolle Statue in einem Banktresor zurückgelassen. Diese wird nur demjenigen herausgegeben, der zwei Tresorschlüssel vorweisen kann, doch den zweiten Schlüssel erhielt damals Roantis‘ Stellvertreter Ken Vilarde, und der ist seit mehreren Monaten verschwunden. Kurz bevor Roantis und sein wieder einmal ruheloser Freund aufbrechen, um Vilarde bzw. dessen Schlüssel aufzuspüren, wird Roantis aus dem Hinterhalt in Docs Vorgarten niedergeschossen. Er überlebt den Anschlag mit knapper Not, doch sein Schlüssel ist nun ebenfalls weg. Doc, dessen Praxisräume gerade renoviert werden, macht sich auf den Weg, um mit den verbliebenen, verstreut in den USA lebenden „Ducks“ zu sprechen, von denen jeder versucht hat, auf eigene Weise mit den schrecklichen Kriegserlebnissen fertig zu werden – Fred Kaunitz, der beste Schütze des Teams, der in Texas eine Farm betreibt, Mike Summers, ein dunkelhäutiger, dem Suff verfallener Hüne, Bill Royce, der damals durchdrehte und bis vor kurzem in einer psychiatrischen Klinik auf den Philippinen untergebracht war. Doc stösst auf Ungereimtheiten, gerät wiederholt in Lebensgefahr und erfährt erst gegen Schluss der dramatischen Geschichte, wer Daisy wirklich ist.

Bibliografie:

Doc Adams-Serie: ‚Billingsgate Shoal‘ – ‚Untiefe‘ (1982), ‚The Penny Ferry‘ – ‚Die fehlenden Finger‘ (1984), ‚The Daisy Ducks‘ – ‚Die Daisy Ducks‘ (1986), ‚Moscow Metal‘ – ‚Russengift‘ (1987), ‚The Wale’s Footprints‘ (1988), ‚Gone to Earth‘ (1990), ‚Yellow Bird‘ (1991), ‚Pirate Trade‘ (1994), ‚The Man Who Whispered‘ (1998);

Einzelwerke: ‚The Giant Rat of Sumatra‘ – ‚Sherlock Holmes und die Riesenratte von Sumatra‘ (1976), ‚Buck Gentry‘ (2005).