(Pseudonym für Nissim Calef, 1907-1968; schrieb auch als Maurice Derblay)

Noël Calef kam in der bulgarischen Stadt Philipoli, dem heutigen Plovdiv, als Sohn einer jüdischen Familie zur Welt. Er studierte in Alexandria und Wien und liess sich Anfang der 30er-Jahre mit seiner Frau Suzanne Biget in Frankreich nieder. Im August 1941 wurde er von den Nazis verhaftet und für mehrere Monate im berüchtigten Durchgangslager von Drancy interniert, bevor er nach Italien deportiert und dort in den Lagern Bardonecchia, Tolentino und Urbisaglia gefangen gehalten wurde. Bei Kriegsende kehrte er in seine Wahlheimat Frankreich zurück und machte als Romanautor und – wie sein jüngerer Bruder Henri Calef – in der Filmbranche von sich reden. 1948 veröffentlichte er die Erinnerungen ‘Drancy 1941. Camp de représailles‘. In den 50er-Jahren verfasste er sechs Spannungsromane, unter ihnen der Noir-Klassiker ‚Fahrstuhl zum Schafott‘, der durch den damals 24-jährigen Louis Malle mit Jeanne Moreau und Maurice Ronet in den Hauptrollen verfilmt wurde, Miles Davis improvisierte die melancholische Musik zu den Bildern. Calef starb 60-jährig in Paris, vier Jahre nach seinem einzigen Kind, der 1932 geborenen Claudine.

‚Fahrstuhl zum Schafott‘ beginnt mit einem Mord, doch dann verlässt der Autor die gewohnten Krimipfade und verknüpft die Tat mit dem Treiben von Menschen, die in hoffnungslos zerrütteten Beziehungen stecken. Julien Courtois, ein tief verschuldeter, mit der hysterischen und eifersüchtigen Geneviève verheirateter Geschäftsmann und Schürzenjäger, hegt die Absicht, seinen Hauptgläubiger, den alten Wucherer Bordgris, am Sonnabend nach Geschäftsschluss in dessen Büro zu erschiessen und die Tat als Suizid zu arrangieren. Der raffiniert eingefädelte Plan geht auf, doch dann bleibt der Fahrstuhl stehen, als Courtois das Gebäude verlassen will, denn der Hausmeister stellt übers Wochenende jeweils den Strom ab.

Kurz danach entwendet der kleine Gauner Fred Juliens Wagen, um mit seiner Freundin Thérésa ein prickelndes Wochenende zu verbringen. Geneviève aber sieht von weitem das sich entfernende Fahrzeug, als sie auf ihren Gatten wartet, und verdächtigt diesen des Seitensprungs mit seiner Sekretärin. Sie rächt sich an ihm, indem sie ihn bei der Polizei als vermisst meldet und ihrem älteren Bruder Georges (der zugleich Juliens zweiter Hauptgläubiger ist) von Juliens finanziellen Schandtaten erzählt – Georges, der für seine kleine Schwester mehr zu empfinden scheint als für seine gefühlskalte Frau Jeanne.

Als Fred im Verlauf des Wochenendes zufällig auf die reichen brasilianischen Touristen Pedro und Germaine trifft, entlädt sich seine Frustration in einem Akt der Gewalt – derweil Julien noch immer im Fahrstuhl steckt und langsam den Verstand verliert. Calef beendet die wilde, tragikomische, mit viel schwarzem Humor erzählte Geschichte, in der die Gesetzeshüter eine denkbar schlechte Figur abgeben, mit einer bitterbösen Pointe und dem oft zitierten Satz «Die Hoffnung ist ein Kredit, die Verzweiflung bares Geld».

Bibliografie:

‚Echec au porteur‘ – ‚Den Tod in der Hand‘ (1956), ‚Ascenseur pour l’Echafaud‘ – ‚Fahrstuhl zum Schafott‘ (1956), ‚Recours en grâce‘ – ‚Gnadengesuch‘ (1957), ‚Retour à Sorrente‘ – ‘Zurück nach Sorrent‘ (1957), ‚Les Oursseloups‘ – ‘Das Geheimnis der «Juanita»‘ (1958), ‚Le sang d’un boeuf anonyme‘ – ‚Ein Stier soll bluten‘ (1958).