(*1952)
Gillian Slovo aus Johannesburg, Südafrika, ist die mittlere von drei Töchtern der legendären weissen Anti-Apartheid-Aktivisten Ruth First, die 1982 einem Attentat des südafrikanischen Geheimdienstes zum Opfer fiel, und von Joe Slovo, einem angesehenen Rechtsanwalt und Mitglied der Kommunistischen Partei Südafrika, der nach der politischen Wende bis zu seinem Tod im Jahre 1995 als Siedlungsminister in Mandelas Regierung arbeitete. Seit 1964, als ihre Eltern Südafrika verlassen mussten, lebt sie in London, hat mit ihrem Lebenspartner Andy Metcalf eine Tochter namens Cassie und arbeitet als Filmproduzentin, Journalistin und Autorin. Ihr Werk umfasst acht zum Teil historische Politromane, die Jugenderinnerungen ’Every Secret Thing: My Family, My Country‘ (1997) und die fünfteilige Kate Baeier-Krimiserie.
Kate Baeier, Tochter von egozentrischen, heillos zerstrittenen Eltern, eine humorvolle, sozialistisch gesinnte Feministin und leidenschaftliche Saxophonspielerin, kehrte ihrer portugiesischen Heimat vor Jahren den Rücken, um in London als Journalistin und zeitweilig mit ihrer dunkelhäutigen Assistentin und Freundin Carmen auch als Privatdetektivin zu arbeiten, bis ihr Lebenspartner Sam Layton, ein Mathematiker, bei einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht getötet wurde. Daraufhin (nach dem dritten Band ‘Tödliches Staccato’) verliess sie das Land Hals über Kopf und berichtete in den folgenden fünf Jahren als Kriegsreporterin aus den heissesten Krisengebieten.
In Slovos bestem Krimi ‘Catnapping’ kehrt Kate Baeier für kurze Zeit nach London zurück, um ein paar Dinge zu erledigen, auf Villa und Katze eines ferienabwesenden Ehepaars aufzupassen – und die Vergangenheit zu begraben. Doch ihr England-Aufenthalt steht unter einem schlechten Stern: Sie wird auf der Strasse überfallen, Einbrecher verwüsten die Villa, wenig später erhält sie einen widerwärtigenen anonymen Drohbrief, Sams herrischer Vater erteilt ihr eine Abfuhr, als sie sich mit seinem 15-jährigen Enkel Matthew (Sams Kind aus geschiedener Ehe) treffen will, und Carmen, die das Detektivbüro seit fünf Jahren allein weiterbetrieben hat, reagiert äusserst feindselig auf Kates Bitte um Hilfe. Als Kate in ihren alten Akten zu wühlen beginnt, wird ihr klar, dass all dies mit ihrem letzten Fall vor der Flucht ins Ausland zusammenhängt – es ging um Rentendiebstahl im grossen Stil, und auch einige ihr damals nahestehende Menschen waren darin verwickelt.
Bibliografie:
Kate Baeier-Serie: ‘Morbid Symptoms‘ – ‘Fehlanzeige’ (1984), ‘Death By Analysis‘ – ‘Tod eines Therapeuten’ (1986), ‘Death Comes Staccato – ‘Tödliches Staccato’ (1987), ‘Catnap‘ – ‘Catnapping’ (1994), ‘Close Call‘ (1995).
Das erste lange Drittel des Buchs “Catnapping” schleppt sich stinklangweilig von einer Londoner Designerwohnung zur nächsten. Der einzige Trost daran: Das Katzenthema gehört mit zum Design und wird nicht vertieft. Der Leser verfolgt in aller Ausführlichkeit, wie die Detektivin Kate Baeier mit Hilfe des Branchenbuchs die Läden ermittelt, in denen die Vorhangstoffe in ihren speziellen Rosatönen gekauft sein könnten. Wer sich das ersparen möchte, könnte erst mit Kapitel 15 in das Buch einsteigen.
Die Distinktions-Codes einer vermögenden Gesellschaftsschicht werden zunächst nur widergespiegelt, aber noch nicht entlarvt. Das geschieht erst im letzten Drittel. Da eskaliert die Gewalt, mit der diese Gesellschaftsschicht – die Bewohner der Designerwohnungen und mittendrin die Detektivin zunächst als ihr Gast – ihre ergaunerten Vermögen verteidigt.
Mir ist neu, dass der britische (ehemalige) Sozialstaat als gesetzliche Rentenversicherung sogar solche Rentenfonts erlaubt, deren Insolvenzrisiko die versicherten Arbeiter/innen tragen. Ein solcher Rentenklau durch Insolvenz des Fonts ist das lebensgefährliche Thema dieses Buchs. Eine um ihre Rente betrogene Arbeiterin hatte Kate Baeier eingeschaltet. Jedoch ist dieser Diebstahl legal, und nur durch einen erzählerischen Trick wird daraus ein Kriminalfall: Im Affekt haben die ertappten Diebe den geliebten Lebenspartner der Detektivin totgeschlagen. Und nun nähert sie sich den Totschlägern und dringt erneut in ihre Wohnungen ein.
Moral: Eine Pistole in Frauenhand verschiebt das Verhältnis zwischen den Geschlechtern vorübergehend und sorgt dafür, dass Kate Baeier aus ihrer Odysee durch die Männergewalt lebendig wieder herauskommt.