(1930-2017)
Colin Dexter wurde als zweiter Sohn einer mittellosen Familie in der Kleinstadt Stamford, Lincolnshire, geboren und wuchs auch dort auf. Nach dem Militärdienst beim Royal Corps of Signals studierte er bis 1953 Latein und Altgriechisch am Christ’s College in Cambridge, um dann zwölf Jahre klassische Fächer an verschiedenen Schulen in den East Midlands zu unterrichten. Im Jahr 1956 heiratete er Dorothy Cooper und hatte mit ihr einen Sohn und eine Tochter.
Da Dexter allmählich sein Gehör verlor, musste er den Lehrerberuf im Jahr 1966 endgültig aufgeben. Er ging nach Oxford, wo er bis zu seiner Pensionierung als Sekretär des Prüfungsausschusses tätig war und ab 1975 (zunächst nebenberuflich) Kriminalromane verfasste. (Zum Schreiben kam er während eines verregneten Familienurlaubs in Wales im Sommer 1973).
Im Mittelpunkt von Dexters Kriminalwerk (dreizehn Romane und eine Geschichtensammlung) steht Chief Inspector Morse (sein Vorname – Endeavour – wird erst enthüllt, als bereits niemand mehr daran glaubt, dass er überhaupt einen hat) von der Mordkommission der Oxforder Thames Valley Police, ein eigenbrötlerischer, hoch gebildeter Liebhaber von klassischer Musik (Richard Wagner!), Kunst und kryptischen Kreuzworträtseln, ein aufbrausender Mann mit einer fatalen Neigung zu traurig endenden Liebesgeschichten und alkoholischen Getränken, der im Fortgang der Serie zudem an Diabetes erkrankt. In weiteren wichtigen Rollen: Morses walisischer Partner Sergeant Lewis (auch er scheint keinen Vornamen zu tragen), ein stämmiger Ex-Boxer mit gutmütiger, geduldiger Wesensart – und vermutlich Morses bester Freund; der Polizeipathologe Max De Bryn, der im zehnten Roman eine tödliche Herzattacke erleidet; und Morses Vorgesetzter Superintendent Strange.
Die in klassischer Tüftelmanier höchst raffiniert gebauten Geschichten werden aus rasch wechselnden Blickwinkeln erzählt. Sie leben von falschen Fährten, verblüffenden Lösungen, einem reichhaltigen Figuren-Ensemble und natürlich von den beiden gegensätzlichen Protagonisten Morse und Lewis, deren Lebensläufe und Eigenheiten schrittweise offenbart werden. Im Jahr 1999 fand die in England Kultstatus aufweisende Serie mit dem Herztod des knapp 70-jährigen Morse (er hat denselben Jahrgang wie Dexter) ihren Abschluss – dies bedeutete auch das Ende der schriftstellerischer Laufbahn seines Schöpfers, der sich danach vorzugsweise karitativen Aufgaben widmet. Dexter starb 86-jährig in seinem Haus in Oxford.
‘Eine Messe für all die Toten’, ‘Das Rätsel der dritten Meile’, ‘Mord am Oxford-Kanal’ und ‘Finstere Gründe’ werden von den Morse-Experten als beste Bände der offenbar Suchtpotential aufweisenden Reihe bezeichnet.
Die Morse-Krimis wurden für eine höchst erfolgreiche Fernsehserie adaptiert (33 Episoden, ausgestrahlt von 1987 bis 2001, mit dem 2002 verstorbenen britischen Schauspieler John Thaw als Chief Inspector Morse in der Hauptrolle), wobei Colin Dexter in jeder Folge einen Cameo-Auftritt hatte und einmal sogar ein paar Worte sprach.
Bibliografie:
Chief Inspector Morse-Serie: ‘The Last Bus to Woodstock’ – ‘Der letzte Bus nach Woodstock’ (1975), ‘Last Seen Wearing’ – ‘…wurde sie zuletzt gesehen’ (1976), ‘The Silent World of Nicholas Quinn’ – ‘Die schweigende Welt des Nicholas Quinn’ (1977), ‘Service of all the Dead’ – ‘Eine Messe für all die Toten’ (1979), ‘The Dead of Jericho’ – ‘Die Toten von Jericho’ (1981), ‘The Riddle oft he Third Mile’ – ‘Das Rätsel der dritten Meile’ (1983), ‘The Secret of Annexe 3’ – ‘Hüte dich vor Maskeraden’ (1986), ‘The Wench is Dead’ – ‘Mord am Oxford-Kanal’ (1989), ‘The Jewel that Was Ours’ – ‘Tod für Don Juan’ (1991), ‘The Way Through the Woods’ – ‘Finstere Gründe’ (1992), ‘Morse’s Greatest Mystery and Other Stories’ – ‘Ihr Fall, Inspektor Morse’ (Kurzgeschichten, 1993), ‘The Daughters of Cain’ – ‘Die Leiche am Fluss’ (1994), ‘Death is now my Neighbour’ – ‘Der Tod ist mein Nachbar’ (1996), ‘The Remorseful Day’ – ‘Und kurz ist unser Leben’ (1999).