Krimiautoren von Abel bis Zeltserman

vergessene und verschmähte, verhunzte und unterschätzte

Moore, Brian

(1921-1999; schrieb auch als Michael Bryan und Bernard Mara)

Brian Moore kam als Sohn einer Krankenschwester und eines nationalistisch gesinnten Chirurgen in Belfast zur Welt und wuchs dort mit seinen acht Geschwistern auf.  Er wurde streng katholisch erzogen, verlor jedoch seinen Glauben schon in der Kindheit und wurde später Atheist. Zum Verdruss seines Vaters brach er das Medizinstudium nach wenigen Semestern ab. Während des Zweiten Weltkrieges war er im Auftrag des Britischen Ministeriums für Kriegstransportwesen in Nordafrika, Südfrankreich, Italien und Polen unterwegs. Danach arbeitete er beim UN-Hilfswerk in Polen und schrieb Reportagen. 1948 wanderte er nach Montreal aus. Er nahm die kanadische Staatsbürgerschaft an und arbeitete bis 1952 als schlecht bezahlter Journalist bei der englischsprachigen Tageszeitung ’Montreal Gazette’.

In finanzieler Not haute Moore von 1951 bis 1958 (unter eigenem Namen und den Pseudonymen Michael Bryan und Bernard Mara) sieben Pulp-Romane in die Tasten, die in der Bibliografie nicht aufgeführt sind. In diese Zeit fällt indes auch Moores erster literarische Roman ’Die einsame Passion der Judith Hearne’ (1955), das erschütternde Psychogramm einer einsamen, verzweifelten, alkoholabhängigen Frau.

Als Alfred Hitchcock ihn Mitte der 60er-Jahre mit dem Drehbuch zu ’Der zerrissene Vorhang’ beauftragte, bezog Moore  Wohnsitz in Malibu, Kalifornien, blieb aber kanadischer Staatsbürger und liess bald wieder die Finger vom Filmgeschäft. Von 1976 bis 1989 lehrte er Kreatives Schreiben an der University of California in Los Angeles. Der medienscheue Autor starb 77-jährig an Lungenfibrose in seinem Haus in Malibu, als er an einem Buch über den französischen Lyriker Arthur Rimbaud arbeitete. Er hinterliess seine zweite Frau Jean und seinen Sohn Michael aus erster Ehe.

Brian Moore war ein vorzüglicher Kenner der menschlichen Natur, ein genauer Beobachter und glänzender Stilist mit einem feinen Gespür für weibliche Charaktere. Sein vielfältiges Werk enthält Essays, Literaturkritiken, Drehbücher, Theaterstücke, Erzählungen, historische Romane, Gesellschaftsdramen sowie, ab Anfang der 80er-Jahre, acht packende, um Schuld und Betrug kreisende Thriller, aus denen ‚Hetzjagd‘ – die literarische Aufarbeitung der Affären Paul Touvier und Maurice Papon – hervorsticht.

’Hetzjagd’, eine brisante, in kühlem Ton aus rasch wechselnden Perspektiven erzählte Geschichte, handelt von Pierre Brossard, einem fiktiven ranghohen Beamten des Vichy-Regimes, der als eifriger Nazi-Kollaborateur die Erschiessung von vierzehn Juden zu verantworten hatte – eine Tat,  für die er von der Kirche die Absolution erhielt, und von der er noch heute denkt, dass sie gerechtfertigt war, um Frankreich vor jüdischen Kommunisten zu retten. Jetzt aber, 44 Jahre nach Kriegsende holt ihn die Vergangenheit ein: Er wird von einem Killerkommando durch Südfrankreich gehetzt, nachdem er bei seinen langjährigen Protektoren – den katholischen Geistlichen und einer Reihe von hochrangigen Pariser Politikern und Polizeibeamten – in Ungnade gefallen ist.

Bibliografie:

‚The Temptation of Eileen Hughes‘ – ’Die Versuchung der Eileen Hughes’ (1981), ‚Cold Heaven‘ – ’Kalter Himmel’ (1983), ‚Black Robe‘ – ’Schwarzrock’ (1985), ‚The Colour of Blood‘ – ‚Die Farbe des Blutes‘ (1987), ‚Lies of Silence‘ – ‚Dillon‘ (1990), ‚No Other Life‘ – ’Es gibt kein anderes Leben’ (1993), ‚The Statement‘ –  ‚Hetzjagd‘ (1995), ‚The Magician’s Wife‘ – ’Die Frau des Zauberers’ (1997).