(Pseudonym für Lionel Robert Holcombe Godfrey, 1932-1980; schrieb auch als Elliot Kennedy)
Die Biografie des in Mansfield, Nottinghamshire, geborenen, bis 1954 in Freiburg/Breisgau und Nottingham ausgebildeten Autors mit dem ungewöhnlichen Namen Lionel Robert Holcombe Godfrey liegt zu grossen Teilen im Dunkeln. Dass sich hinter ihm der englische Krimiautor John Harvey verbirgt, der neben seinen Charlie Resnick-Romanen ja auch vier Titel um einen Privatschnüffler namens Scott Mitchell veröffentlicht hat, ist jedenfalls aus der Luft gegriffen – dieses Gerücht wurde einst (wohl nicht ganz ernsthaft) von dem Internet-Magazin ‘The Thrilling Detective’ gestreut. Gesichert ist freilich, dass es sich bei Mitchell/Kennedy/Godfrey um den Schriftsteller handelt, der als Lionel Godfrey in den späten 70er-Jahren Biografien der Hollywood-Ikonen Errol Flynn, Paul Newman und Cary Grant zu Papier brachte und in dieser Zeit auch Features für das britische Magazin ‘Films and Filming’ beisteuerte. Godfrey wurde nur 48 Jahre alt.
Unter den Pseudonymen Scott Mitchell und Elliot Kennedy veröffentlichte Godfrey in den 60er- und 70er-Jahren 21 auf zwei Serien verteilte Krimis, in denen Brock Devlin, genannt Dev, bzw. Griff Dexter als smarte, trinkfeste und schlagkräftige (recht ähnlich strukturierte) Privatdetektive vom Typus “harte Schale, weicher Kern”, die wüste Schläge auf ihren Schädel schulterzuckend wegstecken, mit ihren Partnern Al Brody bzw. Steve Hunter in Los Angeles auf der Piste sind. Sauber gebaute, ganz auf den Fall fokussierte, durch gefällige Sprüchen aufgelockerte Romane, die den Leser gut unterhalten.
Brock Devlin ist gross gewachsen, blauäugig und hat eine altmodische Höflichkeit an sich. Er liebt Bourbon, Jazzmusik, Mozart und klassische Literatur (Cyrano de Bergerac hat es ihm besonders angetan), lebt zunächst allein in einer kleinen Wohnung, führt jedoch später mit seiner Teilzeitsekretärin, der klugen und erfolgreichen Romanautorin Kay Stillman, eine recht vielschichtige Liebesbeziehung. Gelegentlich arbeitet er mit seinem Partner Al Brody zusammen, doch meistens sind die beiden mit getrennten Fällen beschäftigt. Lieutenant Cal O’Herlihy von der Mordkommission, ein unbestechlicher, harter, breitschultriger Ire, ist seit vielen Jahren sein bester Kontakt bei der Polizei und stets ein treuer Freund auch in brenzligen Situationen. Die 15-teilige Reihe gewinnt in ihrem Fortgang an Gehalt und Tiefe, bis zum letzten Roman ‘Notfalls über Leichen’, einer multiperspektivisch angelegten Geschichte um Eifersucht, Besessenheit und Mord.
Griff Dexter, ein einzelgängerischer Ex-Polizist, der vom Dienst suspendiert wurde, nachdem er seinem Vorgesetzten einen Hieb verpasst hatte, und sein lebensfreudiger Partner Steve Hunter bilden ein gegensätzliches Gespann in einer 1972 gestarteten, nach sechs Bänden 1975 abgeschlossenen (mit Elliot Kennedy gezeichneten) Serie. Unterstützt werden sie durch ihre attraktive Sekretärin Pat Hayward, die Griffs halbherzige Avancen jeweils souverän abblockt – und der Schnüffler fällt dann immer wieder auf die falschen Frauen rein.
Bibliografie:
Brock Devlin-Serie: ‘Some Dames Play Rough’ – ‘Manche Frauen sind nicht sanft’ (1963), ‘The Lonely Shroud’ – ‘Schweigen kostet Geld’ (1963), ‘Deadly Persuasion’ (1964), ‘Come, Sweet Death’ – ‘Komm, süsser Tod’ (1967), ‘Double Bluff’ – ‘Doppelter Bluff’ (1968), ‘A Knife-Edged Thing’ – ‘Eine messerscharfe Sache’ (1969), ‘A Haven for the Damned’ – ‘Der Dolch mit dem Juwelengriff’ (1970), ‘You’ll Never Get to Heaven’ – ‘Der Boss liebt keine Extratour’ (1971), ‘Rage in Babylon’ – ‘Schnee auf schwarzer Haut’ (1972), ‘The Girl in the Wet-Look Bikini’ – ‘Scheckbuch und Pistole’ (1972), ‘Dead on Arrival’ – ‘Hallo, Süsse’ (1972), ‘Nice Guys Don’t Win’ – ‘Der Eisberg’ (1972), ‘Over My -dead Body’ – ‘Kopf im Sand’ (1973), ‘Death’s Busy Crossroads’ – ‘Wo alle Strassen enden’ (1974), ‘Obsession’ – ‘Notfalls über Leichen’ (1975).
Standalone: ‘Sables Spell Trouble’ – ‘Mein Partner Eddie’ (1963).
Als Elliot Kennedy: Griff Dexter-Serie: ‘Bullets Are Final’ – ‘Gegen Kugeln ist kein Kraut gewachsen’ (1972), ‘That Fatal Feelig’ – ‘Ein gewisses Gefühl’ (1972), ‘The Big Loser’ – ‘Der grosse Verlierer’ (1972), ‘Never Say Dead’ – ‘Sag niemals tot’ (1973), ‘The Dead Sleep Late’ – ‘Roter Ocker’ (1974), ‘No Love in a Bullet’ – ‘Im Blei steckt keine Liebe’ (1975).
Das ist ja irre: Ich habe seit Jahrzehnten nicht mehr an Kennedy gedacht. Dabei habe ich seine Romane in meiner härtesten Pulp-Phase verschlungen. Ich meine, die Dinger sind damals bei Goldmann erschienen. Ich muss unbedingt wieder mal in einen reinlesen. Die Lektüre in der Ruine von “Haus Witten” hat mich über so manche unanständige Lateinstunde hinweg gebracht.