(*1941)

Stephen Dobyns, geboren in Orange, New Jersey, aufgewachsen dort sowie in den Bundesstaaten Michigan, Virginia und Pennsylvania, studierte Anglistik am Shimer College in Chicago mit Abschlüssen an der Wayne State University in Detroit und der University of Iowa in Iowa City. von 1969 bis 1973 schrieb er Reportagen für die ’Detroit News’. Danach unterrichtete er dreissig Jahre Englische Literatur, Kreatives Schreiben und Poesie an der Syracuse University, der Boston University und anderen akademischen Institutionen und machte gleichzeitig als Lyriker und Prosaautor von sich reden. Sein Werk umfasst 14 Gedichtbände, zwei Sachbücher über Lyrik, die Geschichtensammlung ‚Eating Naked‘ sowie 24 Romane, darunter zahlreiche Krimis. Der Vater von drei Kindern lebt in Westerly, Rhode Island.

Im Zentrum von Dobyns‘ Kriminalwerk steht die elfteilige, mit amüsanten Szenen und spritzigen Dialogen gewürzte Saratoga-Serie um den umgänglichen und warmherzigen, etwas unscheinbaren, aber stets aufmerksamen Cop und späteren Privatdetektiv Charlie Bradshaw, der in der heruntergekommenen Pferdesportmetropole Saratoga Springs, New York State, Mordfällen auf den Grund geht und zu Beginn der Reihe mit der etwas spröden Boutique-Besitzerin Marge verheiratet ist. Weitere Angehörige sind seine extravagante Mutter Mabel sowie drei strebsame ältere Cousins, die er als Fluch seines Daseins bezeichnet. Charlie wollte ursprünglich Baseballspieler oder Stepptänzer werden, doch daraus wurde nichts.

In ersten Band ‚Sams Falle‘ gerät Charlie in die Hölle, als er sich am Tag seines 41. Geburtstags in New York City auf die Suche nach Sam begibt, der vielleicht sein Sohn ist. Dort erfährt er vorerst einzig, dass dieser sich aufgrund von Drogengeschichten und Schulden offenbar nach Kalifornien abgesetzt hat, und dass Lieutenant Conrad Zack, der sich mit dem Fall befasst, den Provinzbullen so rasch wie möglich wieder loswerden will. Weder dem bärbeissigem Cop noch den beiden Kerlen, die ihn krankenhausreif zusammenschlagen, gelingt es freilich, Charlie von seinen Ermittlungen abzuhalten. Als alle Hinweise darauf deuten, dass Sam als Dealer inzwischen eine höhere Liga erklommen hat, sind die Grundlagen für eine blutige Abrechung gelegt – mit Charlie zwischen den Fronten.

Nach dem Auswärtsspiel in New York hängte Charlie den Polizeidienst an den Nagel, trennte sich von seiner Frau Marge und wurde in Saratoga von dem mit ihm befreundeten Rennstallbesitzer Lew Ackerman als Leiter des Sicherheitsdienstes angeheuert. Ruhig und zufrieden lebt er in seiner Hütte am Saratoga Lake und hält sich im Wasser fit, bis Ackerman zu Beginn des zweiten Bandes ‚Ackermans Grab‘ erschossen wird, als er im Swimming Pool seine Runden dreht – Charlies detektivische Künste sind nun gefragt, zumal die örtliche Polizei unter Charlies Intimfeind Chief Peterson wieder einmal auf dem Schlauch steht. Unterstützt wird er durch seinen besten Freund Vic Plotz, einen hässlichen Charmeur und Sprücheklopfer, den er seinerzeit in New York City kennengelernt hat. Erste Recherchen führen ihn zu Ackermans geheimnisumwittertem Partner Harvey Field, während Peterson von einer Racheaktion eines Vertreters des organisierten Verbrechens ausgeht. Als ein Mann aus Ackermans Umfeld ermordet wird und Charlie einen Anschlag auf sein Leben nur knapp übersteht, werden die Karten neu gemischt – der Kreis schliesst sich in einem wilden Finale.

‚Jimmys Fehler‘ sieht Charlie Bradshaw in einem neuen Beruf: Er hat sich mit seinem Sidekick Vic Plotz in Saratoga als Privatdetektiv selbständig gemacht. Als er den ehemaligen Jockey Jimmy McClatchy, der eigentlich als Kronzeuge der Staatsanwaltschaft in einem Prozess um Schiebung und andere Wett-Mauscheleien auftreten sollte und sich deshalb seit kurzem bei ihm versteckt, zuhause an seinem Esstisch enthauptet vorfindet wird, gerät er in die Bredouille. Chief Peterson ist sich nämlich sicher, dass Charlie den Mann an die Mobster verkauft hat. Charlie beginnt nun selbst zu forschen – und stolpert zu Petersons grimmiger Freude über zwei weitere Mordeopfer. Zudem jagt jemand Victors gelben VW Käfer, der fast nur von Charlie benutzt wird, mit einer Bombe in die Luft. Von Jim McClatchys Kopf noch immer keine Spur. Eine zentrale Rolle scheint dafür dem Pferd „Sweet Dreams“ zuzukommen, das sämtliche Rennen unter fernen liefen absolviert hatte, bis es als krasser Aussenseiter zweimal zuschlug, um danach gleich wieder von der Bildfläche zu verschwinden.

Im deutschsprachigen Raum wurde Stephen Dobyns erst Ende der 90er-Jahre durch die Psychothriller ’Die Kirche der toten Mädchen’ und ’Der Junge im Pool‘ einem grösseren Publikum bekannt, während man die Saratoga-Serie leider nicht mehr weiter verfolgte, obwohl der Autor mit den drei ersten Titeln einen schönen Steigerungslauf hingelegt hatte.

Bibliografie:

Saratoga-Serie: ‚Saratoga Longshot‘ – ‚Sams Falle‘ (1976), ‚Saratoga Swimmer‘ – ‚Ackermans Grab‘ (1981), ‚Saratoga Headhunter‘ – ‚Jimmys Fehler‘ (1985), ‚Saratuga Snapper‘ (1986), ‚Saratoga Bestiary‘ (1988), ‚Saratoga Hexameter‘ (1990), ‚Saratoga Haunting‘ (1993), ‚Saratoga Backtalk‘ (1994), ‚Saratoga Fleshpot‘ (1995), ‚Saratoga Strongbox‘ (1998), ‚Saratoga Payback‘ (2017) ;

Standalones: ‚A Man of Littel Evils‘ (1973), ‚Dancer with one Leg‘ (1983), ‚A Boat off the Coast‘ (1987), ‚Cold Dog Soup‘ (1988), ‚The Two Deaths of Senora Puccini‘ – ‚Die zwei Tode der Senora Puccini‘ (1988), ‚The House on Alexandrine‘ (1990), ‚After Shocks/Near Escape‘ (1991), The Wrestler’s Cruel Story‘ (1993), ‚The Church of the Dead Girls‘ – ‚Die Kirche der toten Mädchen‘ (1997), ‚Boy in the Water‘ – ‚Der Junge im Pool‘ (1998), ‚The Burn Palace‘ – ‚Das Fest der Schlangen‘ (2013), ‚Is Fat Bob Dead Yet?‘ – ‚Ist Fat Boy schon tot?‘ (2015).