(1924-2006)

William Diehl, geboren in Queens, New York City, hatte einen berühmten Babysitter: die spätere Hollywood-Ikone Mae West. Mit siebzehn Jahren, am Tag nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor, trat er mit gefälschten Papieren der Air Force bei. Einen Abschuss über Deutschland überlebte er dann nur mit sehr viel Glück, belohnt wurde er mit mehreren Tapferkeitsmedaillen. Nach dem Krieg studierte er kreatives Schreiben und Geschichte an der University of Missouri in Columbia. Darauf ging er nach Atlanta, um eine journalistische Laufbahn zu verfolgen. Er verfasste Reportagen und Kolumnen für das ‚New Orleans Magazine‘ und das ‚Cincinnati Magazine‘, ehe er sich selbständig machte und fortan vor allem für die 1961 gegründete Zeitschrift ‚Atlanta‘ schrieb. Nachdem er sich selbst das Fotografieren beigebracht hatte, arbeitete er als Fotoreporter für die United States Information Agency. Bei seiner Arbeit lernte er Martin Luther King kennen – und wurde dessen offizieller Fotograf. 1967 griffen ihn zwei Männer mit Messern an und verletzten ihn am Hals, als er King auf einer Tour durch Mississippi begleitete.

An seinem 50. Geburtstag kehrte Diehl dem Journalismus den Rücken zu: Er wollte endlich seinen Traum verwirklichen und Schriftsteller werden. Am nächsten Tag verkaufte er seine Kameras, borgte von seinem besten Freund 5’000 Dollar und begann zu schreiben. Drei Jahre später veröffentlichte er seinen ersten Krimi ‚Sharky’s Machine‘, der sich ausgezeichnet verkaufte. Es folgten vier weitere, recht exotische und etwas weniger erfolgreiche Thriller und die in gemächlichem Tempo erzählte dreiteilige Trilogie um den brillanten Juristen Martin Vail aus Chicago (der erste Band wurde mit Richard Gere in der Hauptrolle verfilmt) und schliesslich der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angesiedelte Spannungsroman ‚Eureka‘.

Gegen Ende seines Lebens gab der von Krankheit gezeichnete Autor seinen langjährigen Wohnsitz auf der St. Simon’s Island auf und liess sich mit seiner dritten Frau, der früheren TV-Reporterin Victoria Gunn, in Woodstock, Georgia, nieder, wo er medizinisch besser betreut werden konnte. Kurz vor seinem 82. Geburtstag erlag er im Emory University Hospital in Atlanta einem Gefässleiden. Er hinterliess seine Frau, vier Kinder aus erster Ehe (mit Virginia Arnold) und ein Kind aus zweiter Ehe (mit Catherine Clifford). Zum Zeitpunkt seines Todes arbeitete Diehl an seinem zehnten Krimi ‚Seven Ways To Die‘, den der Autor Kenneth Atchity zu Ende schrieb und 2012 veröffentlichte.

‚Sharky‘ ist eine action- und sexgeladene, mit prägnanten Figuren bevölkerte und coolen Sprüchen gewürzte Geschichte, deren Ursprünge im Italien des Zweiten Weltkriegs liegen. Im Mittelpunkt steht der vom Drogendezernat zur Sitte strafversetzte Cop Tom Sharky aus Atlanta, der mit seinen Partnern den Mord an einem Edel-Callgirl auf den Grund geht. Die Gegner der kleinen, aber überaus schlagkräftigen Truppe sind zwei grosse Kaliber: der nahezu perfekt getarnte Gangster Victor DeLaroza, der in Hongkong gross geworden war, bevor er in den USA Fuss fasste und zum „König der Nacht“ aufstieg, und sein psychopathischer Partner Dominic Scardi, ein ehemaliger Killer der Cosa Nostra.

‚Zwielicht‘, der erste (und beste) Teil der Martin Vail-Trilogie, entwickelt sich nach etwas zähen ersten 180 Seiten zu einem facettenreichen und richtig spannenden Justizroman, dem eindrucksvoll gezeichnetes Personal den Stempel aufdrückt: Die junge, feingliedrige Psychiaterin Molly Arrington und Vails detektivisch tätiger Kollege Tommy Goodman auf der einen, die ehrgeizige und verbissene, jedoch hoch talentierte Staatsanwältin Janet Venable auf der anderen Seite – und natürlich der charismatische und leidenschaftliche Strafverteidiger Martin Vail selbst, der instinktiv fast immer die richtigen Entscheidungen trifft, sowie sein Klient, der 20-jährige, geradezu engelhaft wirkende Angeklagte Aaron Stampler, der des barbarischen Mordes am Erzbischof von Chicago bezichtigt wird, und auf den der elektrische Stuhl wartet. Leidet Aaron an „Multipler Persönlichkeitsstörung“? Und war der Bischof wirklich ein Heiliger? Der 660 Seiten starke Roman gipfelt in einer dramatischen Gerichtsverhandlung – und nimmt ganz zuletzt eine überraschende Wendung.

Bibliografie:

‚Sharky’s Machine‘ – ‚Sharky und seine Profis‘ (auch unter dem Titel ‚Sharky‘, 1978), ‚Chameleon‘ – ‚Chamäleon‘, auch unter dem Titel ‚Blutrausch‘, 1981), ‚Hooligans‘ (1984), ‚Thai Horse‘ – ‚Thai Horse‘ (1987), ‚The Hunt‘ (auch unter dem Titel ’27‘) – ‚Siebenundzwanzig‘ (1991), ‚Eureka‘ (2002), ‚Seven Ways to Die‘ (2012).

Martin Vail-Trilogie: ‚Primal Fear‘ – ‚Zwielicht‘ (1992), ‚Show of Evil‘ – ‚Der Ministrant des Bösen‘ (1995), ‚Reign in Hell‘ (1997).