(1947-2020)

Kurt Bracharz kam in Bregenz, Vorarlberg, zur Welt und wuchs auch dort auf. Nach der Reifeprüfung arbeitete er von 1968 bis 1972 der Reihe nach als Angestellter einer Bank, am örtlichen Bezirksgericht und am Landesinvalidenamt in Bregenz. Anschliessend war er achtzehn Jahre Englisch- und Warenkunde-Lehrer an der Berufsschule in Dornbirn, ehe er 1990 zum Journalismus wechselte und bis 1994 als Redakteur und Kolumnist bei der Vorarlberger-Ausgabe der ‚Neuen Kronenzeitung‘, später beim ORF tätig war. 1997 machte er das Schreiben zum Brotberuf.

Sein Werk enthält Krimis, Erzählungen, Essays, Reflexionen, Kinder- und Jugendbücher, Hörspiele, das Tagebuch ‚Für reife Leser‘ (2009) und ‚Mein Appetit-Lexikon – Eine Warenkunde für Geniesser‘ (2010). Darüber hinaus übersetzte er Krimis der Autoren Anthony Berkeley, Jonathan Latimer, Cyril Hare und Benjamin M. Schutz aus dem Englischen, war von 2005 bis 2013 Herausgeber der Literaturzeitschrift ‚Miromente‘ und veröffentlicht Kolumnen zu politischen, kulinarischen und kulturellen Themen auf den Internetseite ‚Znort‘ und ‚Vorax‘ sowie Gastrokritiken in den ‚Vorarlberger Nachrichten‘. Kurt Bracharz verbrachte fast sein ganzes Leben mit seiner Frau Ingrid in Bregenz und starb dort mit 72 Jahren.

Bracharz‘ erste Krimis sehen ein höchst originelles Wiener Detektiv-Trio im Fokus, bestehend aus Adrian, einem dicken, kahlen, trinkfreudigen, etwas kindisch wirkenden Alt-68er um die Vierzig, sowie der starken und mutigen Lesbe Wanda und dem Technikfreak (hacken, anzapfen von Telefonleitungen usw.) Marius, die sich auf unkonventionelle Weise mit grotesken Kriminalfällen befassen.

In ‚Höllenengel‘ erhält Adrian den Auftrag, den Autor Ulrich Von der Fichten als Bodyguard nach Neapel zu eskortieren. Dort trifft er bei einer Yuppie-Party seine grosse Jugendliebe Nadja; er lässt sich von ihr verführen, um den Finger wickeln und in eine lebensgefährliche Lage manövrieren – es geht um erstklassiges Kokain. In wichtigen Nebenrollen: Die „Angels of Aids“, eine anarchistische bayerische Rockergruppe von vornehmlich schwulen Männern, die mit dem HIV infiziert sind und in einem Abruzzen-Nest, in das es auch Adrian und Von der Fichten verschlägt, für Furore sorgen, und selbstverständlich auch die Mafia – und bald schon fliesst (verseuchtes) Blut.

In den nachfolgenden Romanen ist Major Michael Jäger von der Bregenzer Kriminalabteilung in einer tragenden Rolle zu sehen – ein alleinstehender Frauenheld Anfang vierzig, der sich in seiner Freizeit von dem illegalen Gesöff Absinth dazu inspieren lässt, Bilder zu malen, die immer wie die von Francis Bacon aussehen, und die er jeweils zerstört, sobald sie fertiggestellt sind. Im Mittelpunkt von Kurt Bracharz‘ bestem Krimi ‚Cowboy Joe‘ steht allerdings der junge Dorfpolizist Johann Natter, der seit einer spektakulären, eher peinlichen Begegnung mit einer verunfallten Kuh den Spitznamen Cowboy Joe trägt. Als Natter kurz nach diesem Zwischenfall nach Bregenz versetzt wird, mausert er sich unter Major Jäger in kurzer Zeit zu einem ausgekochten Kriminalbeamten, der in der Vorarlberger Hauptstadt türkischen Drogenhändlern, serbischen Mafiosi, einheimischen Zuhältern, aber auch einem zwielichtigen Backgammon-Crack das Fürchten lehrt. Die rasante, harte, mit trockenem Humor erzählte Geschichte ist 2009 in überarbeiteter Form wieder aufgelegt worden.

2010 publizierte Bracharz nach sechzehn Jahren Pause seinen fünften Krimi ‚Der zweitbeste Koch‘, eine turbulente und figurenreiche, an haarsträubenden und magennervenstrapazierenden kulinarischen Exkursen (aufgetischt werden etwa gedünstete Entenembryonen, Murmeltiere und natürlich Hahnhoden-Gulasch) reiche Geschichte mit dem 60-jährigen Wiener Gastrokritiker Xaver Ypp als Erzähler. Sie handelt unter anderem von dem rätselhaften Verschwinden des chinesischen Chefkochs des bei Wien gelegenen Gourmetlokals „Schanghai 1938“ und dem eng damit verknüpften Treiben einer internationalen Feinschmeckerbande, die einen Handel mit seltenen, vom Aussterben bedrohten Tieren aufgezogen hat – von Vorgängen, die selbst für den abgebrühten Ypp eine Grenz-Erfahrung bedeuten.

Bibliografie:

Adrian-Romane: ‚Pappkameraden‘ (1986), ‚Höllenengel‘ (1990);

Major Jäger-Romane: ‚Die grüne Stunde‘ (1993), ‚Cowboy Joe‘ (1994);

Einzelwerk: ‚Der zweitbeste Koch‘ (2010).