(*1956)
Antonio Munoz Molina, geboren in der andalusischen Renaissancestadt Ubeda, Provinz Jaen, ging dort an eine Jesuitenschule. Er studierte Journalismus in Madrid und Kunstgeschichte in Granada, um danach eine journalistische und schriftstellerische Laufbahn zu verfolgen. In Spanien als einer der bedeutendsten Autoren der Gegenwart eingestuft, wurde er 1995 mit 39 Jahren – so früh wie noch keiner vor ihm – in die Königlich Spanische Akademie für Sprache und Dichtung aufgenommen. Von 2004 bis 2006 war er Leiter des Instituto Cervantes in New York City. Heute pendelt Munoz Molina mit seiner Frau, der Journalistin, Autorin und Schauspielerin Elvira Lindo, zwischen Madrid und New York City.
Munoz Molinas vielseitiges, mehrfach preisgekröntes belletristisches Werk – es umfasst zwanzig Romane und Erzählbände – enthält auch eine Handvoll dem Krimigenre zuzurechnende Bücher. Der Autor hat zudem zahlreiche Essays und Artikel in namhaften Zeitungen wie ‘El Pais’ und ‘Die Welt’ veröffentlicht und betreibt seit einigen Jahren ein Blog.
In ‘Der Winter in Lissabon’, einem vornehmlich in verräucherten Lokalen spielenden Noir- und Künstlerroman, erschiesst der Jazzpianist Santiago Biralbo in Lissabon den auf Kunstraub spezialisierten Mann seiner schönen Geliebten Lucrezia. Unter neuem Namen taucht er in Madrid unter, trifft dort auf einen (anonym bleibenden) Kumpel aus früheren Zeiten und erzählt ihm seine Geschichte.
Der düstere Politthriller ‘Deckname Beltenebros’ dreht sich um Verrat und die langen Schatten der Franco-Diktatur. Der Ich-Erzähler Darman, ein im englischen Exil lebender Kommunist, wird von seiner Partei nach Madrid beordert: Er soll dort einen Verräter namens Andrade abservieren. Der Auftrag weckt Erinnerungen an die zwanzig Jahre zurückliegende Zeit, als Darman (ebenfalls in Madrid) einen Spitzel mit dem Decknamen Beltenebros hätte töten sollen – und dann vermischen sich Vergangenheit und Gegenwart in seinem Kopf.
‘Die Augen eines Mörders’ handelt von persönlicher Schuld und verzweifelten Versuchen, mit ihr zu leben. Ein älterer, namenloser Polizist mit alkoholischer Vergangenheit, der sich unter Franco einen Namen als ETA-Jäger gemacht hat, und dessen unheilbar kranke Gattin in einer psychiatrischen Klinik dahinsiecht, begibt sich in einer andalusischen Kleinstadt wie ein Besessener auf die Jagd nach dem perversen Mörder eines zehnjährigen Mädchens, verliebt sich in dessen Lehrerin, Susana Grey, kann den Täter schliesslich überführen – und fällt kurz danach dem Anschlag eines rachsüchtigen ETA-Aktivisten zum Opfer.
Munoz Molina hat eine sinnliche, poetische und bildreiche, oft fast quälend angestrengte Art zu schreiben, und seine Geschichten kreisen um Gestalten, denen die Vergangenheit längst jede Hoffnung genommen hat – eine anspruchsvolle, hochliterarische Noir-Prosa; vortrefflich geeignet auch für Menschen, die eigentlich keine Krimis lesen.
Bibliografie:
‘Beatus Ille’ – ‘Beatus Ille oder Tod und Leben eines Dichters’ (1986), ‘El invernio en Lisboa’ – ‘Der Winter in Lissabon’ (1987), ‘Beltenebros’ – ‘Deckname Beltenebros’ (1989), ‘Los misterios de Madrid’ – ‚Die Geheimnisse von Madrid’ (1992), ‘Plenilunio’ – ‘Die Augen eines Mörders’ (1997).