(Kürzel für Albert-Charles Simonin, 1905-1980)

Geboren und aufgewachsen im Pariser Proletarier-Viertel La Chapelle als Sohn eines Blumenhändlers, musste Albert Simonin mit zwölf die Schule verlassen, um Geld zu verdienen. Vier Jahre später war er Waise. Nachdem er sich einige Zeit mit Gelegenheitsarbeiten durchgeschlagen hatte, leistete er Mitte der 20er-Jahre seinen Militärdienst. Danach wurde er Journalist, zuerst beim Blatt ‚L’Intransigeant‘ im Ressort Sport. Schwierigkeiten mit dem Gesetz führten zu zwei Jahren im Exil. Zurück in Paris, arbeitete er zunächst als Taxifahrer, später wiederum als Journalist für verschiedene Zeitungen und Magazine.

Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Simonin für das ‚Centre d’Action et de la Documentation‘, ein antisemitisches Organ, das von den Deutschen finanziert wurde. Nach der Befreiung Frankreichs wurde er deshalb zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Als er 1949 auf freien Fuss kam, begann er Krimis und Drehbücher zu schreiben – und wurde einer der Begründer des Roman noir. Kurz vor dem Tod konnte er noch seine Memoiren unter dem Titel ‚Confession d’un enfant de la Chapelle‘ veröffentlichen. Er starb 74-jährig in Paris.

Simonins Stil prägender (mit Wörtern der französischen Umgangssprache, des Argot, getränkter) Gangsterroman ‚Touchez pas au grisbi!‘ (auf Deutsch: ‚Wenn es Nacht wird in Paris‘), kam 1953 heraus und bildet mit den (nicht auf Deutsch vorliegenden) Nachfolgewerken ‚Le cave se rebiffe‘ und ‚Grisbi or not grisbi‘ eine Trilogie. Schwindelmaxe und Heini (im Original Max-le-Menteur und Riton) planen einen letzten Dreh, bevor sie sich endgültig zur Ruhe setzen wollen: Raub von Goldbarren im Wert von 50 Millionen Anciens Francs. Alles läuft wie am Schnürchen, die Polizei tappt im Dunkeln, doch Heini macht sich mit diesem Coup bei seiner Bettgefährtin Josy wichtig, diese weiht den aufstrebenden Gangster Angelo (ihren Kokainlieferanten und neuen Liebhaber) ein, und der trachtet nun danach, Schwindelmaxe und Heini die Beute abzujagen, um sich zum Chef der Pariser Unterwelt aufzuschwingen. Der spektakuläre, mit viel schwarzem Humor beschriebene Bandenkrieg findet im Vergnügungsviertel längs des Boulevard Clichy und des Boulevard Rochouart statt. Jean Becker verfilmte den Stoff 1954 mit Jean Gabin, Jeanne Moreau und Lino Ventura in den Hauptrollen.

Von 1968 bis 1973 ist Simonins legendäre, in den späten 1920er- und frühen 30er-Jahren in Paris spielende Le Hotu-Trilogie erschienen (keine deutsche Version). Johnny, genannt Le Hottu, nach dem frühen Tod der Eltern bei seiner sexuell hungrigen Patentante augewachsen, spricht nach einem Aufenthalt in den USA fliessend Englisch, ist stets elegant gekleidet und verfügt über gute Umfangsformen. Er schliesst sich mit dem ungebildeten und knasterfahrenen Banlieu-Jungen Paulo, genannt Petit Paul, zusammen und verkehrt nun in der von Betrügern, Zuhältern, Huren und Mördern beherrschten Parallelwelt des Montmartre in der Zeit, in der das Milieu durch Drogen überschwemmt wird.

Neben seinen zwei Trilogien und drei Einzelwerken publizierte Albert Simonin mehrere Essays und ein Wörterbuch des Argot.

Bibliografie:

Max le Menteur-Trilogie: ‚Touchez pas au grisbi!‘ – ‚Wenn es Nacht wird in Paris‘ (1953), ‚Le Cave se rebiffe‘ (1954), ‚Grisbi or not grispi‘ (1955);

Le Hotu-Trilogie: ‚Le Hotu‘ (1968), ‚Le Hotu s’affranchi‘ (1969), ‚Hotu soit qui mal y pense‘ (1973);

Einzelwerke: ‚Une balle dans le canon‘ (1958), ‚Du mouron pour les petits oiseaux‘ (1960), ‚L’Elegant‘ (1973).