(1908-1999; schrieb auch als Alexander Blade, William Brengle, H.B. Carleton, Lawrence Chandler, John Evans, Lee Francis, Roy Huggins, Ivar Jorgensen, John McGreevey, Peter Phillips, John Pollard – und Mickey Spillane)

Howard Browne kam in Omaha, Nebraska, als Sohn einer Lehrerin und eines früh verstorbenen Bäckers zur Welt und besuchte in der Nachbarstadt Lincoln die Highschool. Als er mit siebzehn von der Schule flog, trampte er nach Chicago und verrichtete dort Gelegenheitsjobs, unter anderem als Reporter für ein Lokalblatt, bis er 1928 eine Stelle als Credit Manager eines Warenhauses bekam – eine Arbeit, die ihn mit allen möglichen Lügen und Betrügereien konfrontierte, die er aber trotzdem zehn Jahre lang aushielt. Seine Freizeit füllte er mit dem Schreiben von Sciencefiction-, Fantasy- und Kriminalstories aus, die unter mehreren Pseudonymen in Pulp-Heften und Zeitschriften (‚Esquire‘, ‚Cosmopolitan‘, ‚American Magazine‘ usw.) abgedruckt wurden.

Von 1941 bis Anfang der 50er war Browne Redakteur beim angesehenen, damals auf Pulp-Fiction, Abenteuer- und Fantasy-Geschichten spezialisierten Ziff-Davis-Verlag in Chicago und New York City. In dieser Zeit veröffentlichte er drei sauber konstruierte, von Raymond Chandler und James M. Cain beeinflusste Krimis um den Privatdetektiv Paul Pine. Nach dem Einzelwerk ‚In Luft aufgelöst‘ folgte 1957 der vierte Band der ursprünglich mit John Evans gezeichneten Serie. 1985 erschien ‚Paper Gun‘, bestehend aus der Pine-Story ‚So Dark For April‘ und dem Titel gebenden Roman-Fragment, ebenfalls mit Pine als Hauptperson.

Paul Pine, ein kaum alternder Ich-Erzähler Anfang dreissig, Sohn eines Cops, der gewaltsam ums Leben kam, begann seine Laufbahn ebenfalls bei der Polizei, wechselte dann aber zur Staatsanwaltschaft von Illinois, für die er zwei Jahre lang ermittelte. Danach machte er sich in Chicago selbständig. Er ist ein hartgesottener, intelligenter, moralisch integrer Detektiv, dem Selbstironie nicht fremd ist, steht mit beiden Beinen fest im Leben und ist (wie damals fast alle Schnüffler) ein starker Raucher und Trinker. Über sein Privatleben will er nichts verraten. Er hütet sich vor festen Frauenbeziehungen, „weil so etwas in meinem Beruf nicht gut gehen kann“.

‚Der Geschmack von Asche‘, über weite Strecken in einer schmucken, anscheinend nur von wohlerzogenen Bürgern bevölkerten Kleinstadt bei Chicago angesiedelt, ist der beste Paul Pine-Roman. Der Kriminalfall, auf den sich der desillusionierte, etwas ausgebrannt wirkende Detektiv nur widerwillig einlässt, beginnt mit einer einfachen Erpressung, kumuliert in zwei von der Polizei als Selbstmorde deklarierten Todesfällen, korrupte Cops, zwielichtige Frauen und die mächtige Familie Delastone mischen kräftig mit – doch Pine findet zu alter Stärke zurück und führt hartnäckig seine Recherchen durch, obwohl er die ganze Stadt gegen sich hat, etliche Faustschläge einstecken muss – und für kurze Zeit sogar im Kittchen landet.

Auch die Noir-Perle ‚In Luft aufgelöst‘ bietet vortreffliche Unterhaltung. Ames Coryell, führender Angestellter einer New Yorker Werbeagentur, kehrt mit seiner Frau Leona und der kleinen Tochter nach langer Fahrt aus dem Urlaub zurück. Leona geht ins Haus, Ames, das schlafende Mädchen in den Armen, folgt ihr kurz danach – keine Spur von Leona. Ames alarmiert die Polizei, doch diese findet nicht Leona, sondern den schwer verletzt auf der Strasse liegenden Nachbar, der die Vermisste immer wieder angebaggert hat. Ames Coryell gerät unter Mordverdacht, weiss sich jedoch zu helfen, indem er die Werbefirma geradewegs in ein Detektivunternehmen transformiert – und mit Hilfe seiner Kollegen einer grossen Sache auf die Spur kommt.

1957 ging  Browne nach Hollywood und wurde ein hoch angesehener Drehbuchautor für die Fernsehserien ‚Columbo‘, ‚Maverick‘, ‚Mannix‘, ’77 Sunset Strip‘, ‚The Rockford Files‘, ‚Cheyenne‘, ‚The Fugitive‘ und ‚Mission Impossible‘ sowie eine Handvoll Kriminalfilme, unter ihnen ‚The St. Valentine’s Day Massacre‘ und ‚Capone‘. 1988 kehrte er mit ‚Pork City‘ zum Krimi zurück, 1991 folgte ‚Scotch on the Rocks‘ – beides Stoffe eigener, durchgefallener Drehbücher, die er jetzt in Romanform brachte. In seinem belletristischen Werk finden sich ferner über 300 Kurzgeschichten, die Fantasy-Romane ‚Warrior of the Down‘ (1943) und ‚Return of Tharn‘ (1956) sowie zwei frühe Krimi-Standalones.

Der Autor war von 1929 bis 1959 mit Esther Levy verheiratet, anschliessend bis zu seinem Tod mit Doris Kaye. Er starb 91-jährig in Santiago Canyon, Kalifornien, und hinterliess einen Sohn und zwei Töchter.

Bibliografie:

Paul Pine-Serie: ‚Halo in Blood‘ – ‚Grüsse im Blut‘ (1946), ‚Halo for Satan‘ – ‚Grüsse für den Satan‘ (1948), ‚Halo in Brass‘ – ‚Grüsse für Laura‘ (1949), ‚The Taste of Ashes‘ – ‚Der Geschmack von Asche‘ (auch unter dem Titel ‚Tödliche Schatten‘, 1957);

Einzelwerke: ‚If you have Tears‘ (1947), ‚Thin Air‘ – ‚In eigener Sache‘ (auch unter dem Titel ‚In Luft aufgelöst‘, 1954), ‚Pork City‘ – ‚Blutige Stadt‘ (1988), ‚Scotch on the Rocks‘ (1991).